BREXIT meine Reaktion

Brexit: Reaktion auf den unerwarteten Ausgang des Referendums am 24. Juni 2016 im Vereinigten Königreich

Die Fremdenfeindlichkeit der älteren Mitglieder der britischen Bevölkerung hat sich durchgesetzt. Es waren einfach nicht genügend gebildete jüngere Wähler da, um sich gegen diese geballte Ignoranz zu behaupten.

Das Vereinigte Königreich hat mit knapper Mehrheit für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt, wobei eine Abneigung gegen Brüssels Bürokraten im Allgemeinen und Jean-Claude Juncker im Besonderen angeführt wird, außerdem die europäische Ineffizienz, weil man offensichtlich unfähig sei, Entscheidungen zu treffen, die südeuropäische Korruption und die Einwanderung (obwohl nicht aus Nordafrika, sondern vielmehr aus Osteuropa). Das Ergebnis des britischen Referendums war nicht eindeutig, aber angesichts des im Vereinigten Königreich geltenden Mehrheitswahlrechts, reichte es aus, um eine Entscheidung herbeizuführen. Die Clowns, die die „Leave“-Kampagne angeführt haben, zermartern sich offensichtlich jetzt den Kopf, wie es weitergehen soll, da sie nicht weiter als bis zum Referendum gedacht haben und vielleicht überhaupt nicht damit gerechnet haben, zu gewinnen; inzwischen scheinen sie in Deckung gegangen zu sein. Es gibt Stimmen, die den Exit aus dem Brexit verlangen.

Die Investment- und Währungsmärkte haben, wie erwartet, sofort auf das Ergebnis reagiert, indem es eine ganze Reihe grausamer Ausreißer nach unten gab und in der Folge das Pfund im Vergleich zum Euro stark gefallen ist und der Euro seinerseits im Vergleich zum US-Dollar und dem Yen große Einbußen verzeichnen musste. Die Aktienmärkte fielen stark und die institutionelle Flucht in Richtung Qualität führte zu zahlreichen Käufen von US-Dollar- und japanischen Regierungsanleihen.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass der Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Rest Europas auf kurze Sicht überhaupt beeinträchtigt wird und wahrscheinlich noch nicht einmal mittelfristig. Londons Position als globaler Finanzdrehpunkt könnte leiden, jedoch wohl hauptsächlich zu Gunsten von Dublin, wo die Finanzbelegschaft wenigstens keine andere Sprache lernen müsste. Die Hoffnung, dass Paris und Frankfurt davon profitieren könnten, wird wahrscheinlich zunichte gemacht werden. Die europäischen Regierungen verlangen einen schnellen Brexit. Dabei scheinen sie aber zu vergessen, dass es dann das erste Mal in der modernen europäischen Geschichte wäre, dass irgendeine Maßnahme schnell umgesetzt würde.

Was bedeutet das für den privaten Investor?

Es wird sich mindestens die nächsten zwei Jahre nicht viel ändern. Während die Investmentmärkte im Moment der Unsicherheit wegen vor Angst zittern, werden – nüchtern betrachtet – gute europäische Fondsmanager noch immer viele hervorragende Unternehmen finden, in die man investieren kann, sowohl auf dem europäischen Festland als auch im Vereinigten Königreich. Der Sektor, der am meisten leiden wird, sind die Banken, aber nur wenige Fondsmanager haben Anlagen in Bankaktien, und Bankemissionen können nur an Ertrag hinzugewinnen.

So mancher mag überrascht sein, aber es gibt eine große Welt außerhalb von Europa und dem Vereinigten Königreich.

Die US-Märkte werden jetzt in Portfolios von Anlegern eine größere Rolle spielen, sowohl in Form von US-Aktien als auch Darlehensfonds. Gute Fondsmanager werden viele Möglichkeiten finden, mithilfe von seriösen Unternehmen Gewinne zu machen. Die Kunst wird sein, diese guten, ja fürwahr hervorragenden, Fondsmanager zu finden.

Die Energiemärkte sind wieder einmal in Mode, mit neuer Disziplin im Bereich der produzierenden Unternehmen. Im selben Zug sehen aufsteigende Märkte, die aufgrund ihrer eigenen politischen Probleme unattraktiv geworden waren, jetzt teilweise wieder profitabler aus. Manche Märkte, wie Russland, bleiben uninteressant und mit hohem Risiko behaftet, aber China ist, wie immer, eine Überlegung wert. Trotz der aktuellen Flucht in den Yen, sollten Anleger vorsichtig sein. Die Probleme, die durch Premierminister Abes Drei-Pfeile-Politik verursacht wurden, wo der dritte Pfeil sein Ziel verfehlt hat, bleiben bestehen und beeinträchtigen die Unternehmensprofitabilität.

Jetzt ist genau die richtige Zeit für Investitionen, während die Märkte unsicher und die Preise so wunderbar niedrig sind.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite.
Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London.
(Townsend@insure-invest.de)

Aus dem Englischen von Magdalena Mandl

Als die Welt etwas mehr in Ordnung war als jetzt

John Townsends Anlagemeinungen – Mitte Juni 2016

Darauf gibt es keine Antwort. Darauf wird es keine Antwort geben. Darauf hat es noch nie eine Antwort gegeben. Das ist die Antwort. Gertrude Stein, amerikanische Schriftstellerin 1874–1946

Die Panik, die die Aktienmärkte Ende 2015 ergriff, erreichte ihren Tiefpunkt am 11. Februar 2016. Keiner nahm Notiz davon, weil auf den Märkten die Angst noch immer so greifbar war, dass sie sowieso noch gelähmt waren. Die Panik entbehrte jeder Logik – es gab einfach eine Reihe scheinbar außergewöhnlicher Ereignisse, die ihren Teil dazu beitrugen, wie der niedrige Ölpreis (der eigentlich positiv zu sehen war), Chinas abflauende Wirtschaft, Terroranschläge, die EU-Flüchtlingskrise, die Unruhen in der Ukraine, die Tatsache, dass sich in Syrien plötzlich de facto Sunniten und Shiiten bekriegen und die sinkenden Beschäftigungszahlen in den USA. Der MSCI in Euro fiel um 12 %, der DAX um ungefähr 16 %. Die Griesgrame, die früher vielleicht geraten haben, dass die Märkte einbrechen werden, gelten jetzt als Profi-Propheten. Ich bin nicht der Meinung, dass die Märkte sich im Abschwung befinden, sondern dass sie empfindlich auf Schwankungen reagieren, insbesondere weil den niedriger werdenden Preisen keine wirkliche Logik zugrunde lag. Sie waren fast ausschließlich das Ergebnis von Emotionen und Angst. Außerdem darf man die nationalen Konjunkturen nicht mit Aktienmärkten und gut verwalteten Fonds durcheinanderbringen. Ein guter Fondsmanager findet auch bei einer etwas prekären Konjunkturlage gute Möglichkeiten.

China ließ seine Währung, den Renminbi Yuan (RMBY), letztes Jahr floaten. Zur gleichen Zeit verursachte die Entscheidung des chinesischen Zentralkommittees, die chinesische Wirtschaft von einer Wirtschaft, die von Investitionen in die Infrastruktur lebt, in eine Wirtschaft, deren Motor die Verbrauchernachfrage ist, zu ändern, unweigerlich eine Veränderung der Wirtschaftswachstumsrate. Aber da die chinesischen Wachstumszahlen sowieso zum Großteil künstlich waren, hätte der Effekt minimal sein und darauf hoffen lassen sollen, dass die Welt außerhalb Chinas eines Tages endlich mal echte Zahlen zu sehen bekommt. Es steht außer Frage, dass die chinesische Wirtschaft noch immer sehr groß ist und weiter wächst. Die Nachfrage nach Verbrauchsgütern aus dem In- wie auch Ausland steigt. Ein schwächerer RMBY verteuert außerdem Importe, was das Wachstum von inländischen Zulieferern begünstigt.

Europa taumelt von einer Krise in die nächste. Die Möglichkeit, dass Großbritannien die Europäische Union verlässt (der sogenannte Brexit) hat für Unruhe gesorgt – und tut es noch. Wieder sind es die Experten und Meinungsforscher, die die größte Freude daran haben, Vorhersagen bezüglich des Brexit zu machen. Manche dafür, manche dagegen. Die britische Regierung, deren herrschende konservative Partei tief gespalten ist, trägt nicht gerade zu einer Verbesserung der Situation bei. Die in der Opposition befindliche Labour-Partei ist zwar theoretisch für einen Verbleib in der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, aber unter ihrer neuen und unfähigen Führung (Vorgabe einer konstanten Linie? Fehlanzeige!) orientierungslos. Buchmacher und Wettbüros sind (mit knapper Mehrheit) dafür, dass Großbritannien in der EU bleibt, aber am 23. Juni, dem Tag der Entscheidung, werden die Expertenmeinungen der Realität angepasst werden müssen. Es sind die älteren Generationen, die von ihren Sesseln aus den Brexit verlangen; die jüngere Generation ist viel pro-europäischer eingestellt und wird von Großbritanniens Verbleib in der EU am meisten profitieren, aber viele junge Menschen sind entweder noch nicht stimmberechtigt oder gehen aus unbekannten Gründen nicht zur Wahl. In der Zwischenzeit werden die Investmentmärkte weiterhin schwanken, aber nach der Wahl werden die Märkte sowohl im Vereinigten Königreich wie auch in einem stabileren Europa Möglichkeiten für Investments bieten.

Die EZB-Maßnahmen haben dazu geführt, dass Zinssätze und Erträge aus Anleihen in noch nie dagewesene Tiefen gestürzt sind. Deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit sind jetzt sehr begehrt, trotz der Tatsache, dass die Erträge gerade stetig im negativen Bereich liegen. Argumentiert wird damit, dass die Käufer der Anleihen sowieso nicht erwarten, die Anleihen bis zur Fälligkeit zu behalten, sondern nur einen sicheren Hafen brauchen, bis die allgegenwärtige Unsicherheit obsiegt. Anleihenfondsmanager nehmen jetzt höhere Risiken in Kauf, um höhere Erträge zu erzielen, arbeiten aber immer noch innerhalb des Investment-Grade-Bereichs BBB. Durch Investitionen in Unternehmensanleihen, von denen viele in jedem Fall höher bewertet sind als so manche europäische Regierung, und die Auswahl verschiedener Fälligkeiten innerhalb ihrer Portfolios können die Fondsmanager die Stabilität ihrer Erträge absichern.

In den USA hat die US-Notenbank begonnen, ihre Zinssätze zu heben. Zunächst war das nur eine symbolische Geste, lediglich eine signalisierte Absicht, und es kommt sicher noch mehr. Europa ist unweigerlich ein bisschen hinten dran im Vergleich zu den USA, indem es weiterhin sein Aufkaufprogramm von Investment-Grade-Anleihen von europäischen Banken ausweitet. Es scheint, dass hauptsächlich die Banken (und folglich die Regierungen) der schwächeren Länder in Südeuropa von den Liquiditätsmaßnahmen der EZB profitieren. Die nordeuropäischen Banken, auch wenn es ab und zu Ausbrecher gibt, brauchen diesen Stimulus nicht, noch brauchen ihn die nordeuropäischen Regierungen.

Die unheimlich niedrigen Zinssätze haben einige Anleger dazu ermutigt, in Häuser zu investieren, nicht als eigenen Wohnraum, sondern um sie als Geldanlage zu vermieten. Aber Vorsicht! Selbst Häuser in vernünftigem Zustand außerhalb der größten Städte können nicht – beim besten Willen nicht – einen Ertrag erbringen, der vergleichbar ist mit Erträgen auf den Märkten, selbst wenn sie wie bei den zehnjährigen Regierungsanleihen negativ sind. Man muss die Kosten für den Erwerb berücksichtigen (ca. 10 % des Einkaufspreises), die Tatsache, dass die Preise in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich nicht bemerkenswert steigen werden, die Tatsache, dass alle Gebäude auf Kosten des jeweiligen Eigentümers in Stand gehalten werden müssen, und auch, dass es unweigerlich Zeiten geben wird, in denen die Immobilie leer steht. Diese Faktoren schmälern die Erträge aus vermieteten Immobilien so sehr, dass ein sorgfältig ausgeglichenes Fondsportfolio einen viel höheren Ertrag bringt.

Wieder einmal wird rege über Gold diskutiert. Der Marktzusammenbruch der vergangenen Jahre hat zu neuer Disziplin geführt, wodurch unprofitable Minen und auch Minenunternehmen geschlossen wurden sowie weniger schlecht durchdachte Investitionen in neue Minen stattfinden. Eine gewisse, aber kleine Menge physischen Goldes – in veräußerbarer Form – könnte man als Absicherung gegen Katastrophen in Betracht ziehen, solange es irgendwo aufbewahrt wird, wo es einerseits vor Diebstahl sicher ist, aber andererseits Investoren darauf zugreifen können, wenn es zu einer echten Krise kommt. Banken als Aufbewahrungsort sind nicht ideal, weil anzunehmen ist, dass sie gut verschlossen sind, wenn es wirklich zur Katastrophe kommt.

Anleger sollten in erster Linie auf ein breitgefächertes Portfolio achten. Es gibt viele Fondsmanager, die geschickt vernünftige Aktienanlagen auftun, aber diese Investments sollten mit gut verwalteten Anleihefonds ausgeglichen werden. Anleger sollten außerdem Mixed-Strategy-Fonds in Erwägung ziehen, die die Aktien- und Anleihemärkte sowie Absolute-Return-Fonds umfassen, wo der Ertrag nicht notwendigerweise mit den Marktbewegungen zusammenhängt.

Seit die Märkte so schwanken, sind viele neue Fonds und Strategien aus dem Boden geschossen. Diese neuen Produkte sind nicht alle so gut durchdacht, dass sie es wert sind, in Erwägung gezogen zu werden – und viele werden nicht überleben. Wenn man Fonds für ein gut diversifiziertes Portfolio auswählt, sollte man sich daher nur von Fondsmanagern beraten lassen, die nachweisen können, dass sie seit mindestens drei Jahren erfolgreich Risiken managen, und zwar auch in schlechten Marktzeiten.

Es wird viel Wind um die bei einem Fonds anfallenden Kosten gemacht (die Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio) oder TER) und der Tatsache, dass Fondsmanager die Frechheit besitzen könnten, sich selbst zu viel zu bezahlen, manchmal einschließlich Erfolgshonoraren. Das ist Unsinn. Fonds sollten ausschließlich auf Grundlage der Netto-Erträge für Investoren ausgewählt werden, über eine längere Zeit im Vergleich zu den Konkurrenten und der Fähigkeit des Managers mit Risiken umzugehen. Ein erfolgreicher Fondsmanager hat sich seinen Anteil redlich verdient, solange der Investor Nutzen aus dessen Arbeit zieht. Fonds, die in Bezug auf Ertrag und Risiko aus dem oberen Fünftel ihrer Wettbewerbergruppe herausfallen, sollten sowieso nicht als Investment ausgewählt werden, und falls sie Teil des Portfolios sind, sollte man über deren Austausch nachdenken.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite.
Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London.
(Townsend@insure-invest.de)

Aus dem Englischen von Magdalena Mandl