April – 2015

April – 2015

Natürlich sollte von allen Religionen das Christentum am allermeisten für Toleranz begeistern, aber bislang haben sich die Christen als die intolerantesten Menschen überhaupt erwiesen. – Voltaire

Im Jahr 2015 ist schon einiges von Bedeutung passiert. Die führenden Aktienmärkte konnten im ersten Quartal 2015 eine Wertsteigerung verzeichnen, mit der man in der Vergangenheit auf ein ganzes Jahr gesehen zufrieden gewesen wäre. Dafür gibt es viele reale, aber auch eingebildete Gründe.

Erstens die Tatsache, dass die Aktienmärkte 2014 schwächer als erwartet (oder notwendig) waren, bedeutete, dass einiges aufzuholen war. Das Pendel war zu weit ausgeschlagen und ist jetzt auf seinem Weg zurück. Die Frage ist nun: Wie weit geht es noch, bevor der aktuelle Schwung aufgebraucht ist und das Pendel zurückschwingt?

Zweitens sind die großen Zentralbanken der Situation bisher mit der Reduzierung offizieller Zinssätze auf Null oder nahezu Null begegnet. Die USA – die US-Notenbank jetzt mit neuem Management – hat beschlossen, dass die Zeit der Unterstützung vorbei ist, und hat nun das Ende der niedrigen Zinsraten angekündigt. Europa hat – und das ist nicht wirklich eine Überraschung – erst jetzt mit Anleihekäufen auf den Märkten begonnen, weil die Entscheidung sich aufgrund von Detailstreitigkeiten (wie wir das von den Europäern gewohnt sind) verzögert hat. Die rasche aber anhaltende Steigerung des US-Dollar-Werts gegenüber dem Euro ist plötzlich zu Ende. Daher ist es alles andere als ratsam, innerhalb eines Portfolios mit Währungswerten zu spekulieren. „Worldfirst“, ein britisches Unternehmen, das mit Devisen handelt, veröffentlichte eine interessante Statistik, die besagt, dass der Betrag, den der Apple-Konzern im letzten Quartal 2014 aufgrund von Währungswertfestsetzungen verloren hat, den Gesamtwert von Google überstieg.

Drittens gab es – zumindest vorübergehend – kein Inflationsrisiko; das führte bei den Investoren zu einer gewissen Bequemlichkeit. Aber nun kommt das Risiko in Form von zu viel Liquidität zurück, die vom Markt nicht ausgeschöpft wird.

Viertens hat sich der Rohölpreis seit Beginn des Jahres halbiert. Das kommt den Energiekonsumenten unter den Ländern zugute, aber für die kleineren Energieproduzenten ist das ein Schlag ins Gesicht.

Noch ein interessanter Punkt (Quelle: von der Fondsgesellschaft M&G veröffentlichte Zahlen) ist, dass die Verbraucher bei der Analyse der europäischen Inflationszahlen die Inflation über die letzten 10 Jahre rational so einschätzen, dass sie – nach ihrem Gefühl – höher war als die offiziellen Zahlen annehmen lassen. Preise von notwendigen Käufen, wie Lebensmitteln, Elektrizität, Transport und Wasser, sind in dieser Zeit stark gestiegen, während die Preise von nicht überlebensnotwendigen Dingen wie Handys, Haushaltsgeräten und Fernsehgeräten gefallen sind. Daraus folgt, dass die offizielle Reduzierung der Inflationsraten und Energiekosten möglicherweise nicht der Wachstumsmotor ist, auf den die Presse wartet.

Russland, oder das neue Machtzentrum im Sowjet-Stil in Moskau, reagiert auf niedrige Ölpreise weniger empfindlich als die Presse andeutet, auch wenn das Bargeld, das aus Öl- und Gaspreisen ins Land fließt, nun extrem abgenommen hat. Abgesehen davon hat Russland nur sehr wenige unabhängige Unternehmen und die Risiken des russischen Marktes sind – meiner Meinung nach – unannehmbar hoch. Die Energiepreise werden aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr lange so niedrig bleiben, obwohl unklar ist, wo sie sich einpendeln werden. Vielleicht hat es auch sein Gutes, dass sich die Ölreserven der Briten in der Nordsee dem Ende zuneigen.

Noch heute zeigt die derzeitige russische Flotte in der Bucht von Sevastopol auf der Krim Anzeichen des Zerfalls. Die Schiffe stammen aus der Sowjet-Zeit und viele wären in jeder anderen Marine reif für den Schrotthaufen. Aber der Schein kann täuschen. Die Flotte, ihre Basis und die dazugehörige ausgedehnte militärische Infrastruktur sind für das Militär des russischen Präsidenten Vladimier Putin und die geopolitischen Bestrebungen essenziell und daher mit die Hauptgründe dafür, dass der Kreml sich die Krim unter den Nagel gerissen hat.

Außerdem wird die Flotte bald mit Schiffen im Wert von Milliarden von Dollar neu bestückt. Der IHS-Verlag „Jane’s Navy International“ berichtet, dass die Lieferung von sechs neuen U-Booten und sechs neuen Fregatten in naher Zukunft geplant ist. Russland scheint sie sich leisten zu können.

Nun zum letzten Punkt. Die griechischen Wahlen haben eine linksgerichtete Partei ins Spiel gebracht, die mit dem Versprechen warb, das Rettungspaket neu zu verhandeln. Dieses hat in den letzten zwei Jahren dem Land enorme Unannehmlichkeiten bereitet. Es ist keine Seltenheit, dass nach der Machtergreifung einer Partei die Parteiversprechen in Vergessenheit geraten. Ich gehe davon aus, dass die griechischen Forderungen verwässert werden, bevor der Rest von Europa das Land zurück zur Drachme und in die wirtschaftliche Isolation schickt.

In der Tat wäre solch eine Isolation vielleicht nicht so schlecht, wenn nicht die Angst kursieren würde, dass Italien und Spanien plötzlich ebenfalls ihre wirtschaftliche Position innerhalb der Eurozone neu verhandeln wollen. Außerdem ist Griechenland wirtschaftlich recht unbedeutend und die Aufregung der Presse gibt ihm mehr Gewicht als es in Wahrheit verdient.

Was bedeutet das für Anleger? Niedrige oder negative Zinsraten und Inflation bedeuten, dass Investitionen in Anleihen oder die Verwahrung von Geld in der Form von Einlagen negative Erträge zur Folge hat. Es gibt keine vernünftige Alternative zur Anlage in Aktien; dies allerdings nur mit Fondsmanagern, die sich über mehrere Jahre bewährt haben. Die Geldflut, die in die Anlagemärkte fließt, hat unweigerlich zu vielen betrügerischen Machenschaften geführt. Anleger sollten sich nicht von Werbeanzeigen mit Stars täuschen lassen, die – scheinbar – einzig und allein dazu gut sind, ihre Gage von PR-Agenturen einzustreichen.

Für diejenigen, deren Nerven für Aktien allein nicht stark genug sind, gibt es viele Mischfonds, die unterteilt werden können in defensiv, ausgewogen und dynamisch. Ich betone noch einmal, dass einige dieser Fonds über viele Jahre von denselben fähigen Managern verwaltet wurden und in einem gut diversifizierten und ausgeglichenen Portfolio durchaus eine Überlegung wert sind.

Keine Angst vor den Märkten! Sie bieten gerade jetzt Möglichkeiten, die zehn Jahre lang nicht da waren. Nun gilt es, diese Möglichkeiten am Schopf zu packen.

Schlussfolgerungen:

1. Der Anstieg der Aktienmarktpreise ist wahrscheinlich noch nicht vorüber und es gibt für diejenigen, die vor diesen Märkten nicht zurückschrecken, noch immer profitable Möglichkeiten.

2. Währungsbewegungen, ob gegenüber dem US-Dollar oder jeglicher anderer bedeutender (oder unbedeutender) Währung, machen solch ein Spiel gefährlich. Sollte ein Anleger es nicht explizit darauf abgesehen haben, in solchen Märkten zu spekulieren, sollte um solche Investitionen ein Bogen gemacht werden.

3. Investieren Sie immer mithilfe einer bunten Gruppe aus Fondsmanagern, von denen jeder seine eigenen, bewährten Strategien hat. Anleger sollten sichergehen, dass sich ihre Berater der Risiken bewusst sind, die sie vorschlagen einzugehen, und dass sie bestrebt sind, diese bestmöglich zu einzudämmen.

Die vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.
John Townsend steht Kunden von Matz-Townsend Finanzplanung bei der Investment-Portfolio-Planung beratend zur Seite.

Er ist Fellow des Chartered Institute for Securities and Investment in London.

(Townsend@insure-invest.de)

Aus dem Englischen von Magdalena Adam