August 2013 Nach dem (finanziellen) Wirbelsturm

Selbst wenn Sie auf die Schnauze fallen, bewegen Sie sich immerhin vorwärts.
Victor Kiam (1926-2001), US-amerikanischer Unternehmer

Im Mai und Juni diesen Jahres sah es auf den Investmentmärkten weltweit gar nicht gut aus. Alle vier Hauptinvestitionsbereiche – Aktien, Anleihen, Handelswaren und Währungen – fielen stark ab, so dass Investmentmanager die Situation nicht retten konnten, indem sie ihren Schwerpunkt vom einen auf einen anderen Sektor verlegten. Außerdem hatten die Einbrüche direkten Einfluss auf die geografischen Investmentzentren, was dazu führte, dass kein einziger Sektor imstande war, die Verluste eines anderen zu kompensieren.

Zum Beispiel gab es bei Schwellenländer-Aktien Verluste von bis zu 10 %, was im Aktiensektor leider viel zu oft an der Tagesordnung ist. Die bisherigen Einbrüche in diesem Jahr beruhten zu einem Großteil auf der Angst, dass das chinesische Wirschaftswachstum nachlassen könnte. Im Nachhinein widerlegen das die chinesischen Konjunkturdaten des Monats Juli eindeutig, aber der Markt, nervös wie er ist, schenkte dem Gerücht Glauben, ohne auf so etwas Banales wie Fakten zu warten.

In Lokalwährungen geführte Aktien und Anleihen litten ebenfalls, da hektische Investoren aus Angst vor dem Währungsrisiko ihr Heil im US-Dollar suchten.

Einen handfesten Grund für diesen Rückgang gibt es auch hier nicht; wieder ist er allein auf die Nervosität der Händler in einem ansonsten ereignislosen Markt zurückzuführen. Interessant ist, dass die erfahrenen Manager auf das Ende der Einbrüche warteten, bevor sie die Wertpapiere zu niedrigen Kursen aufkauften. Daraufhin konnte man im Juli sofort eine Verbesserung beobachten. Auch weiterhin wird der Wert von Kapitalanlagen wahrscheinlich stark zunehmen, so dass Anleger weltweit im September von der Sommerpause erholt durchstarten können.

Sowohl die europäische Zentralbank als auch die Bank of England lassen keinen Zweifel daran, dass sie nicht gedenken, ihre Zinssätze in der nächsten Zeit zu erhöhen. Auch die US amerikanische Federal Reserve (US-Notenbank) wird vermutlich aus Angst vor einer rückläufigen Inflation noch monatelang unverändert ihre Anleihenaufkaufstrategie, die sich auf 85 Milliarden Dollar pro Monat beläuft, verfolgen.

Eigentlich sollten die negativen Realzinssätze in Deutschland für Beschwerden sorgen, aber die Deutschen geben ihr Geld aus, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Statistiken der deutschen Bundesbank zeigen keine merkliche Neuverteilung von Investitionen von Regierungsanleihen weg. Deutsche Institutionen und Privatinvestoren scheinen besonders duldsam zu sein trotz der realen Verluste, die sie schlucken müssen. Vielleicht weil sie nicht gefragt werden. Wie kann man unter solchen Umständen denn auch „Nein“ sagen? Deutsche Sparer sind an ein System gewöhnt, das zu ‚sicherem‘ Sparen in Form von Regierungsanleihen ermutigt. Jetzt sind diese Ersparnisse plötzlich nicht mehr sicher, oder zumindest nicht mehr naturgemäß sicher, und trotzdem sträuben sich die Sparer – ob institutionell oder privat – davor, in Aktien zu investieren. Das erklärt wahrscheinlich, weshalb die Mehrheit der DAX-Aktien in der Tat Ausländern gehört.

In der Welt der Anleger hat schnell eine neuer Begriff die Runde gemacht: finanzielle Repression. Das ist eine Maßnahme (oder auch mehrere), die Regierungen ergreifen, um sicherzustellen, dass Geld aus den Investmentmärkten in die nationalen Kassen fließt. Finanzielle Repression ist besonders dann nützlich, wenn die Regierungsverschuldung mittels Inflation und Abwertung reduziert werden soll. Man kann zum Beispiel die Zinssätze niedrig halten, einschließlich derjenigen auf Staatsschulden und Bankeinlagen.

Anschließend regulieren die Regierungen die Banken innerhalb ihres Einflussbereiches sehr stark und sorgen dafür, dass sie nicht miteinander konkurrieren. Banken müssen gute Kapitalreserven haben, weshalb sie nicht so gerne Kredite vergeben. Gleichzeitig hagelt es Kritik, weil sie Unternehmen und Verbrauchern keine Kredite gewähren – aber solche Beschwerden sind hauptsächlich Show. Das Niedrighalten von Zinssätzen würde unter normalen Umständen helfen, den Wert einer Währung im Vergleich zu Währungen anderer Länder, die höhere Zinssätze haben, zu reduzieren, wodurch sich wiederum der Wert der nationalen Schulden reduziert, die zurückgezahlt werden müssen. Die Vereinigten Staaten praktizierten das nach dem Zweiten Weltkrieg viele Jahre lang sehr erfolgreich, aber jetzt haben die meisten größeren Länder niedrige Zinssätze, wodurch die Vorteile größtenteils dahin sind. Daher gilt es nun, andere Mittel und Wege zur finanziellen Repression zu finden.

Sowohl die Vereinigten Staaten als auch China zeigen ermutigende Anzeichen wirtschaftlichen Wachstums. Wo vor nicht allzu langer Zeit Kommentatoren noch durch das Vorhersagen von Verderben und Verzweiflung um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gerungen haben, zieht das wirtschaftliche Wachstum jetzt an. Voraussichtlich werden diejenigen Wirtschaften, die mit den großen Wirtschaftsmächten Handel treiben, davon profitieren.

In einer Zeit der Restrukturierung, besonders in China, und einer Zeit, in der Japan gerade anfängt, wirtschaftlich wieder Fuß zu fassen, sind Rohmaterialpreise (Bergbauaktien eingeschlossen) gesunken. US-amerikanische Banken (besonders die, deren Stabilität von den US-Behörden offiziell bestätigt worden ist) weisen nun wieder Anzeichen von Profitabilität auf, so dass ihre Aktien wieder in konservative Investment-Portfolios aufgenommen werden können. Leider kann man über die europäischen Banken nicht dasselbe sagen, da dort noch viel getan werden muss – besonders seitens der Regulierer.

Der frühere Liebling der Investmentmärkte, der BRIC-Sektor (Brasilien, Russland, Indien und China), scheint nicht mehr das zu sein, was er einmal war. Brasiliens Wirtschaft bekommt die hohe Inflation nicht in den Griff; Russland hat noch immer nur einen Produktsektor, nämlich Öl und Gas – ach ja, und die russische Eisenbahn, – aber man muss sich fragen, wie unabhängig all das von der zentralen Regierung ist; Indien ist noch immer geprägt von Korruption und Unentschlossenheit; was China als zentral verwalteten, aber möglicherweise sehr profitablen Investmentbereich übrig lässt.

Auf den Investmentmärkten geht es wieder bergauf und es ist an der Zeit, mit einer guten Basis aus Mischfonds, in Aktien zu investieren. Auf den Anleihemärkten kann man gutes Geld verlieren, besonders jetzt, wo Risiken bei risikoreichen Anleihen nicht ausreichend belohnt werden. Sogenannte Alternativ-Investitionen in exotische Sektoren wie Holz und Weinsammlungen erscheinen vielleicht kurzfristig als eine attraktive Lösung. Aber Vorsicht! Fast genauso schnell wie das Geld angelegt ist, kann es auch schon weg sein!

Die vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.

John Townsend steht Kunden von Matz-Townsend Finanzplanung bei der Investment-Portfolio-Planung beratend zur Seite.
Er ist Fellow des Chartered Institute for Securities and Investment in London.
(Townsend@insure-invest.de)
Aus dem Englischen von Magdalena Adam

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