John Townsend’s Anlagemeinungen September 2022

Der Tag ist kurz, aber es gibt viel Arbeit und die Arbeiter sind faul, aber die Belohnung ist großartig und der Meister drängt. Es besteht keine Pflicht, das Werk zu beenden, doch steht es dir nicht frei, es liegen zu lassen.

Rabbi Tarphon in der Mischna. Pirkei Avot Kapitel 2 (Ethik der Väter)

Die russische Invasion in der Ukraine, die auf die Covid-Pandemie folgt und die Preisinflation weiter anheizt, hat zu einer tiefen Verunsicherung auf den Anlagemärkten geführt. In Zeiten großer Unsicherheit besteht die instinktive Reaktion unerfahrener Anleger darin, so viele ihrer Anlagen in den betroffenen Bereichen wie möglich zu verkaufen, insbesondere die Positionen, die mit geliehenem Geld gekauft wurden. Gegenwärtig suchen institutionelle Anleger den sicheren Hafen der US-Märkte auf, um in Staatsanleihen und Aktien großer Unternehmen zu investieren.

Die Politiker im Westen haben versucht, bei der Verteidigung der Ukraine zusammenzuhalten, obwohl einige Stimmen, insbesondere in Italien und bei einigen großen deutschen Unternehmen, versucht haben, auf eine friedliche Lösung zu drängen, bei der die Ukraine ihr Territorium aufgeben sollte, wodurch die Russen eine Belohnung für ihre Aggression erhielten und das Kriegsrisiko für den Rest Europas zumindest vorübergehend verringert würde.

Die russische Wirtschaft ist schwach und wurde durch die Invasion weiter geschwächt. Die Drohungen aus Moskau werden immer blutiger und spiegeln die zunehmende Schwäche ihrer Position wider, bis hin zum Einsatz taktischer (d. h. kleiner) Atomwaffen gegen die Ukraine selbst, auch wenn sie wahrscheinlich bluffen. Die Drohungen richten sich eher an ein inländisches Publikum, das keine alternativen Informationsquellen hat, aber die Opfer unter seinen Söhnen bemerkt, die in den Schmelzofen eines Krieges geworfen worden sind. Derzeit gibt es in Russland keine lebensfähige Opposition, die nicht bereits eingesperrt ist, so dass alternative Nachrichten schwer und gefährlich zu bekommen sind. Die Propaganda aus Moskau mag offensichtlich falsch sein, ja sie mag sogar das genaue Gegenteil der Realität sein, aber sie ist übertrieben und soll das heimische Publikum ermutigen und die Schwachen im Rest der Welt entmutigen.

Russland profitiert von den hohen Preisen, die es für seine Energieexporte auf den Märkten erzielen kann, die noch bereit sind, sein Öl und Gas zu kaufen, z. B. Indien, anstelle seiner Exporte nach Europa. Russland versucht auch, sich durchzusetzen, indem es die Gaslieferungen, die normalerweise über die Ostseepipeline Nord Stream 1 erfolgen, abstellt und so die europäischen Regierungen und ihre Volkswirtschaften unter Druck setzt. Westeuropa, das sich mit der mangelnden Diversifizierung der Gaslieferungen abgefunden hat, wurde durch diesen Schritt, der die Gaspreise bis zum Zehnfachen des vorherigen Niveaus ansteigen ließ, plötzlich erschüttert. Diese Entwicklung wird nicht von langer Dauer sein, aber sie gibt Anlass zur Sorge. Die daraus resultierende Panik und die Suche nach alternativen Energiequellen, um das Problem zu umgehen, wird zu mehr Rivalität und weniger Konzentration auf die wirklichen Probleme führen. In einigen politischen Kreisen wird Druck ausgeübt, die Ukraine aufzugeben und dankbar wieder russisches Gas zu beziehen. Es wäre sicher besser, einigen europäischen Ländern die Versuchung zu nehmen, zu kapitulieren und dem Druck nachzugeben, und stattdessen einfach große Löcher in die Nord Stream 1-Pipeline und das bereits fertig gestellte, aber noch nicht in Betrieb genommene Schwesterprojekt Nord Stream 2 zu sprengen, das ohnehin ein Eitelkeitsprojekt eines früheren deutschen Bundeskanzlers war, das seine Nachfolger nicht den Mut hatten, abzubrechen, wodurch sie als Hindernis bei der Suche nach einer logischeren und längerfristigen Lösung für ein diversifiziertes Energieversorgungsproblem wegfallen.

Der Höhepunkt der Aktienmarktinvestitionen wurde im Dezember 2021 erreicht, nach einer Phase erhöhter Volatilität. Die kleineren europäischen Unternehmen (mit einer Marktkapitalisierung zwischen 300 Millionen und 2 Milliarden Euro) litten stark unter der Suche nach Qualität und der Deckung von Short-Positionen. Meiner Meinung nach wurde der Tiefpunkt des Marktes wahrscheinlich im September 2022 erreicht, aber im Gegensatz zur raschen Erholung nach der Covid-Angst im März 2020 gibt es immer noch viel Raum für Panik und Abwärtsschübe, und die Erholung wird dieses Mal wahrscheinlich viel langsamer verlaufen.

Steigende Energiekosten tragen dazu bei, die Inflation in den Haushalten und in der Industrie anzuheizen, die ihrerseits unter Kontrolle gebracht werden muss. Nachdem die westlichen Zentralbanken die Märkte während der Covid-Krise mit zusätzlicher Liquidität und quantitativer Lockerung gestützt haben, kehren sie nun ihre Maßnahmen um, indem sie die Zinssätze anheben und die Anleihekäufe, mit denen sie die Märkte mit Liquidität versorgt haben, langsam abbauen. Es besteht immer die Gefahr, dass die schwierigen Zeiten, die jetzt auf den verschiedenen Märkten herrschen, gefühlsmäßig in die Zukunft extrapoliert werden, obwohl sie wahrscheinlich nicht von Dauer sind.

Eine Rezession in den USA hat wahrscheinlich bereits begonnen, und eine Rezession in Europa wird wahrscheinlich bis Ende 2022 folgen. Die Beschäftigungszahlen in den USA sind jedoch ermutigend und deuten auf einen kurzfristigen Anstieg der Nachfrage hin. Die starken Boomjahre, die wir gerade erlebt haben, haben die Lager mit Beständen gefüllt, die verkauft werden müssen, um Platz zu schaffen.  Die wirtschaftliche Erholung nach dem Covid-Shutdown wird jedoch bedeuten, dass die Rezession recht mild ausfallen wird. Dies ist der richtige Zeitpunkt, um auf den Märkten nach Werten zu suchen, anstatt sich auf die Unternehmen zu konzentrieren, die so lange ein Gewinnwachstum erzielt haben. In der Tat können einige Unternehmen in beide Lager fallen. Es braucht einen kompetenten Fondsmanager mit einem guten Analyseteam, um die richtigen Qualitätsinvestitionen zu finden.

Eine Rezession, selbst eine kurzfristige, wirkt sich auf das tägliche Leben eines jeden aus. Aktien können ihren Wert verlieren oder einfach stagnieren, bis eine Erholung einsetzt. In der Zwischenzeit werden die Immobilienpreise von ihrem bereits sehr hohen Niveau fallen, da es schwieriger wird, Geld für den Kauf von Immobilien zu leihen, und die Verbraucher beginnen, sich Sorgen über ihre Fähigkeit zu machen, ihre Schulden zu bedienen. Es wird sich jedoch wahrscheinlich um eine milde Rezession handeln, und die Unannehmlichkeiten werden wahrscheinlich nur von kurzer Dauer sein.

In China hat sich der Versuch einer „Null-Covid-Politik“ durch die Abriegelung ganzer Städte negativ auf das geplante Wirtschaftswachstum ausgewirkt. Im Jahr 2021 wuchs die chinesische Wirtschaft um 8,08 %, was weit über das zentral geplante Ziel hinausging. Im Jahr 2022 wird diese Wachstumsrate nach Angaben des IWF mit 3,3 % den niedrigsten Wert seit mehr als 40 Jahren erreichen und im Jahr 2023 voraussichtlich auf 4,6 % steigen. Die Binnen- und Industrienachfrage in China wird weiterhin auf einem niedrigeren Niveau als in der Vergangenheit liegen, aber die Wirtschaft ist riesig und liegt nur hinter der der USA. China ist nach wie vor eine Investitionschance und bringt Investitionen in anderen südostasiatischen Volkswirtschaften mit sich.

Die fünf Phasen der Trauer sind Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Dies lässt sich auch auf dem aktuellen Anlagemarkt beobachten. Das Feilschen war im Sommer 2022 zu beobachten, als die Anleger darauf hofften, dass die Zentralbanken mit den ohnehin unvermeidlichen Leitzinserhöhungen nachsichtig sein würden. Das war nicht der Fall, und so befinden sich die Anleger nun irgendwo zwischen Depression und Akzeptanz. Die Zentralbanken der Industrieländer haben offenbar konzertierte Programme zur Straffung der Geldpolitik durchgeführt, wobei die Leitzinsen in Schritten von 0,75 % statt der üblichen sanften 0,25 % angehoben wurden. Die Federal Reserve hat deutlich gemacht, dass sie bereit ist, die Zinssätze erforderlichenfalls noch weiter anzuheben, was sich auch auf die Aktienanleger dämpfend auswirkt. Die Technologiewerte, die Anfang 2022 so schnell wuchsen und die Hauptstütze des MSCI World Index bildeten, profitierten von fremdfinanzierten Anlegern, die nun die Hauptlast der abnehmenden Kreditverfügbarkeit tragen und unter Zwangsliquidationen leiden.

Die sagenumwobenen FAANG-Aktien, die wichtige Bestandteile des MSCI World Index sind und zusammen ein Akronym bilden, das nach den US-Technologieunternehmen Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google benannt wurde, sind jetzt MANTA-Aktien, also Microsoft, Amazon, Nvidia, Tesla und Alphabet. Facebook, jetzt Meta, wurde in seiner Bedeutung zurückgestuft, ebenso wie Apple. Diese Aktien fanden bei den Anlegern Anklang und wurden eifrig gekauft. Der unvermeidliche übermäßige Enthusiasmus konnte nicht in die Zukunft extrapoliert werden, und wie die holländische Tulpenmanie des 17. Jahrhunderts implodierte sie, als der gesunde Menschenverstand die Oberhand gewann. Diese Unternehmen haben natürlich ihren Wert und ihre Logik, nur nicht zu den überhöhten Preisen, die sie während der Begeisterung erreichten.

Die Anleger sollten nicht in Panik verfallen und vor allem in dieser Zeit investiert bleiben. Die Anlagemärkte haben die kommende wirtschaftliche Rezession zumindest teilweise bereits eingepreist. Wenn die Anleger investiert bleiben, werden sie in die letzte Phase des Trauerprozesses eintreten und akzeptieren, dass sich die Boom-Märkte des letzten Jahres in naher Zukunft nicht wiederholen werden. Die Nachricht ist unangenehm, aber kein Grund zur Panik. Kompetente Fondsmanager, die über langjährige Erfahrungen mit dem Auf und Ab wirtschaftlicher und politischer Umwälzungen verfügen, werden ihre Portfolios wieder stabilisieren und wieder rentabel investieren, wenn auch auf einem niedrigeren Niveau als in der jüngsten Vergangenheit. Eine breite Risikostreuung wird auch für stabile Renditen in den Portfolios sorgen.

Anleger sollten auch der Versuchung widerstehen, in schnell reich werdende Sektoren wie Kryptowährungen und andere ähnliche Produkte zu investieren. Die jüngste Geschichte hat gezeigt, dass es durchaus möglich ist, einen Großteil oder die gesamte Investition bei diesem Glücksspiel zu verlieren. In den kommenden Jahren wird es zwar immer noch Gewinnmöglichkeiten geben, aber nicht mehr in dem extravaganten Ausmaß wie in der Vergangenheit.

Die Devise lautet nach wie vor: Bleiben Sie investiert, aber streuen Sie das Risiko sorgfältig und vermeiden Sie eine übermäßige Konzentration auf einen bestimmten Sektor.

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf die künftige Rentabilität und kann diese nicht garantieren. Der Wert von Anlagen und die damit erzielten Erträge können sowohl steigen als auch fallen, und die Anleger erhalten möglicherweise nicht die ursprünglich investierten Beträge zurück. Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, einschließlich des Risikos eines möglichen Kapitalverlusts.

John Townsend berät die Kunden von Matz-Townsend Finanzplanung bei ihren Anlageportfolios. Er ist ein Mitglied des Chartered Institute for Securities and Investment in London. (Townsend@insure-invest.de)

John Townsend’s Anlagemeinungen Juni 2020

Intelligente Menschen lernen von allem und jedem, Durchschnittsmenschen von ihren Erfahrungen. Die Dummen haben bereits alle Antworten.“ Sokrates

Die Finanzkrise begann damit, dass sich die Reaktionen auf die globale Coronavirus-Pandemie so schnell beruhigten, wie sie begonnen hatte. Die Panik, die dazu führte, dass sowohl institutionelle als auch Privatanleger versuchten, jeden Vermögenswert, den sie besaßen, unabhängig vom Preis zu verkaufen, endete fast so schnell, wie sie begann, als vor allem Institutionen auftauchten und in das kalte Licht der Realität blickten. Die Stimmung, die eine massive Panik auslöste, wirkt nun in die andere Richtung und führt in Verbindung mit der Unterstützung der Regierung dazu, dass Anleger wieder investieren. Dies wird oft als „Bärenmarktrallye“ bezeichnet. Das Hauptproblem dabei ist, dass eine solche Stimmung zerbrechlich ist und leicht wieder negativ werden könnte. Wenn, wie erwartet, am Ende des Sommers eine zweite Welle von Coronainfektionen auftaucht werden die Kurse wieder fallen, sollte sich ein zweiter Pandemieanstieg abzeichnen,  werden sie dann ihren langsamen und mühsamen Weg nach oben wieder aufnehmen.

Während sich viele Aktien stark erholt haben, haben einige auf Anleihen basierende Vermögenswerte noch einen weiten Weg vor sich, da die Zinssätze inzwischen auf Null und daruntergefallen sind. Es wird wahrscheinlich mindestens zwei Jahre dauern, bis die traumhaften Niveaus von 2019 wieder erreicht werden. In der Zwischenzeit werden nervöse Anleger in den kommenden Monaten noch mehr Schocks erleben und möglicherweise mit weniger Angst als zuvor reagieren, werden aber dennoch geneigt sein, einige ihrer Vermögenswerte zu verkaufen. Langfristig orientierte Anleger könnten diese Phase als Zeit nutzen, um zu den niedrigeren Preisen zu kaufen.

Die Krise hat viele geographische Gebiete unterschiedlich behandelt. Das entwickelte Asien hat diszipliniert auf die Pandemie reagiert und erholt sich nun. In Europa versagten die Systeme, die zur Bewältigung von Pandemierisiken entwickelt worden waren, und die inneren und äußeren geographischen Grenzen wurden geschlossen. Diese Systeme müssen nun wieder aufgebaut werden, zumal das Virus, dass so viele Todesopfer forderte, nicht besiegt werden konnte. Die Reaktion in den USA, die von den Launen eines Mannes abhing, der versuchte, die Tatsachen zu korrigieren, um seine Wiederwahl zu erleichtern, kam tragischerweise unzureichend und zu spät.

Um die Volkswirtschaften zu stützen und den wirtschaftlichen Zusammenbruch von Banken und systemrelevanten Arbeitgebern zu verhindern, haben die westlichen Zentralbanken und ihre Regierungen in der Zwischenzeit massive Schuldenerhöhungen angekündigt. Diese werden sowohl in Form von Zuschüssen als auch in Form von zinsgünstigen Darlehen weitergegeben. Ob dies ausreichen wird und ob mit dieser Unterstützung tatsächlich die richtigen Ziele erreicht werden, bleibt zu hoffen.

Weltweit hat es bereits über 400.000 COVID-19-bezogene Todesfälle gegeben. Diese Zahl ist wahrscheinlich zu niedrig, da einige Länder über ihre Zahlen aus politischen und doktrinären Gründen einfach lügen oder die Todesfälle überhaupt nicht erfassen. Die Zahl der Todesopfer wird zweifellos steigen, da das politische Possenreißen in den USA, in einigen Teilen Südamerikas und auch im Vereinigten Königreich unentschuldigt und unkontrolliert weitergeht.  Eine Studie des Imperial College London legt nahe, dass die Gesamtzahl der Todesopfer in Europa ohne eine strenge Abriegelung um mindestens 3 Millionen höher gewesen wäre. Das Virus wird mit der Zeit eingedämmt, aber nie eliminiert werden. Es wird auf einen Impfstoff gehofft und an einem Impfstoff gearbeitet, der aber wahrscheinlich nicht vor Ende 2020 zur Verfügung stehen wird.

Zwar haben die Aktienmärkte begonnen, sich zu erholen, doch ist die anfängliche Erholungsphase zum Teil auf die Erkenntnis zurückzuführen, dass die Märkte während der ersten Welle der Krise im März 2020 viel zu schnell gefallen sind. Der tiefste Punkt des finanziellen Zusammenbruchs war der 23. März, aber die politische Reaktion in den USA beruhte zunächst auf der Hoffnung, dass das Problem auf wundersame Weise verschwinden würde, wenn es lange genug ignoriert würde. Selbst jetzt ist noch unklar, wie die Politik der US-Regierung tatsächlich aussehen wird.

Die US-Notenbank hat mitgeteilt, dass sie eine Erhöhung der Verschuldung um bis zu 3.000 Milliarden US-Dollar für notwendig hält, aber die kürzlich bekannt gegebenen Arbeitslosenzahlen, die viel besser als erwartet ausfielen, könnten zu einer Revision dieser Zahl führen. Diese Statistiken selbst lassen Zweifel aufkommen.

Die USA haben eine Geschichte der Revision von statistische Daten, nachdem sie angekündigt wurden und die Schlagzeilen gemacht wurden. Die vorliegenden Zahlen scheinen den derzeitigen Präsidenten politisch zu unterstützen.

Die Europäische Zentralbank hat unter der Überschrift TINA (There Is No Alternative) einen Plan zur Unterstützung der Finanzmärkte in ganz Europa in Höhe von 1.250 Milliarden Euro ausgearbeitet. Die „genügsamen“ Staaten Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark könnten das Paket noch blockieren oder reduzieren, aber ihre Regierungen sind sich der Krise, mit der die Region konfrontiert ist, sehr wohl bewusst. Jetzt ist nicht die Zeit, Griechenland, Italien, Ungarn oder die südosteuropäischen Staaten zu verprügeln.

Da so viel mehr Schulden auf die Märkte drängen, gibt es ein massives Überangebot an Schuldverschreibungen, ebenso wie die Zinssätze entweder nahe Null liegen oder in einigen Fällen negativ sind. Einige Institutionen, insbesondere Pensionsfonds, werden in dieses Papier investieren müssen, weil sie aufgrund ihrer Treuhandvereinbarungen keine Wahl haben. Andere werden auf die Aktienmärkte umsteigen. Die Abhängigkeit von qualifizierten Kreditanalysten bei der Unterscheidung zwischen gesunden Unternehmen in verschiedenen Sektoren und „Zombie“-Unternehmen, die nur durch hohe Verschuldung am Leben erhalten werden, ist akut geworden und wird noch zunehmen, da Investoren mit hochverzinslichen Schulden nach positiven Renditen für ihre Portfolios suchen. In den letzten 30 Jahren gab es nichts mit dem man die aktuelle Situation vergleichen könnte. Analysten werden originelle Denker werden müssen! Die durchschnittlichen Unternehmensgewinne in den USA scheinen seit Beginn der Krise um etwa 20% gefallen zu sein, aber die Anleger sollten gewarnt werden, dass was ein Vorsprung zu sein scheint der den Fall stoppen könnte, bei einer zweiten Welle der Pandemie zusammenbrechen könnte.

Das COVID-19-Virus (oder Coronavirus SARS-CoV-2, um seinen offiziellen Namen zu nennen) weiß weder, noch kümmert es sich darum, ob Staaten oder Einzelpersonen Vorkehrungen dagegen treffen. Die Chancen für eine zweite Welle stehen bestenfalls 50:50, wie auch immer man es betrachtet. Eine zweite Welle wird auf die Erfahrungen treffen, die die Gesellschaft im Kampf gegen die erste Welle gesammelt hat, so dass die Reaktionen wahrscheinlich nicht ganz so stark ausfallen werden. Die Wirkung einer zweiten Welle wird jedoch darin bestehen, dass sie eine wirtschaftliche Erholung verlangsamt. Viele angekündigte Maßnahmen der Regierung sind eher darauf ausgerichtet, Bereitschaft zu zeigen, als ein echtes wirtschaftliches Bedürfnis zu befriedigen. Die angekündigte sechsmonatige Senkung der Mehrwertsteuer um 3% in Deutschland wird in Wahrheit nur minimale Auswirkungen haben, aber es sieht gut aus.

Es wird anhaltende Veränderungen in der globalen Wirtschaftsentwicklung geben, so dass die Erholung länger dauern wird als erhofft. Die chinesische Wirtschaft hat sich wieder für die Wirtschaft geöffnet, aber mit dem Wiederaufflammen eines eher politisch als wirtschaftlich motivierten Handelskrieges vor den nächsten US-Präsidentschaftswahlen wird es dort keine großen Aktivitätsfortschritte oder Vorteile für den Welthandel geben. Die Welt hat China in den vergangenen Jahren relativ nachsichtig behandelt, in der Hoffnung, einen gewissen wirtschaftlichen Nutzen zu erzielen. Dies hat nun ein Ende und chinesische Unternehmen wie Huawei werden sehr genau unter die Lupe genommen werden.

Die Banken als Ganzes müssen effizienter werden. Eine aktuelle Schätzung geht davon aus, dass bis zu 20% der Arbeitsplätze in den Banken weltweit ganz verschwinden werden, wobei die Digitalisierung etwa 40% der Verwaltungsstellen ersetzen wird. Dies wird zweifelsohne Unzufriedenheit unter den ineffizienten deutschen Banken hervorrufen, die ohnehin unter Fusionsdruck stehen.

Der europäische Wirtschaftsaufschwung wird, auch ohne eine zweite Welle, von den Realitäten des häuslichen Lebens beeinflusst werden. Einige Menschen werden zu Hause bleiben müssen, weil die Schulen noch nicht wieder vollständig geöffnet sind und sich jemand um die Kinder kümmern muss. Die „neue Normalität“ wird darauf warten müssen, dass die Realität die Oberhand gewinnt.

Einige Unternehmen, wie z.B. die deutschen Automobilhersteller und andere Maschinenbauunternehmen, werden über die geringere Nachfrage nach ihren bestehenden Produkten nachdenken und überlegen müssen, wie sie neue Kunden gewinnen können.

Die Presse und viele Experten vermuten die Form einer Erholung in Form von Buchstaben des Alphabets. Eine „V“-Form, bei der die Preise ebenso stark steigen wie fallen, ist unwahrscheinlich. Eine „U“-Form, bei der die Preise nach einer Denkpause stark ansteigen, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Dann gibt es eine „L“-Form, bei der die Preise nach einem Preisrückgang überhaupt nicht mehr steigen. Das Potenzial für eine zweite Welle könnte, so die Vermutung, eine „W“-Form verursachen. Es ist beruhigend, zukünftige Bewegungen in Strukturen zu beschreiben, die wir kennen, aber ich glaube nicht, dass irgendein Buchstabe des Alphabets hier hilfreich ist. Meiner Meinung nach folgte auf den panikartigen Einbruch der Investitionsmärkte, der am 23. März 2020 seinen Ausgangspunkt erreichte, ein sofortiger Aufschwung, als die Investoren merkten, dass sie zu weit gegangen waren. Die Zukunft wird wahrscheinlich einen Aufwärtstrend zeigen, der gelegentlich von Phasen negativer Bewegung begleitet sein wird. Die Aufwärtslinie wird weder steil noch gerade verlaufen.

Auch Kunden mit Bareinlagen müssen vorsichtig sein. Eine Reihe deutscher Banken, die auf die negativen Zinssätze der Zentralbanken reagiert haben, berechnen ihren Kunden nun Strafzinsen für Bareinlagen in relativ geringer Höhe oder planen, dies zu tun. Für Kunden mit einer längerfristigen Sicht auf ihre Investitionen macht es einfach keinen Sinn, große Bareinlagen zu halten. Es besteht keine Notwendigkeit, in die Aktienmärkte mit höherem Risiko zu investieren, es gibt viele andere Alternativen, die in Betracht gezogen werden können.

Insgesamt werden wir zweifellos mehr Volatilität auf den Investitionsmärkten erleben. Ich versuche, die Auswirkungen davon so weit wie möglich zu reduzieren, aber in vielen Fällen wird die Volatilität doppelt so hoch sein wie in den vergangenen Jahren.

Meine Portfolios werden weiterhin stark in Aktien investiert bleiben. Wie stark, hängt ausschließlich von der Risikoneigung meiner Kunden ab. In Wahrheit gibt es jetzt keine Alternative mehr zu einer Investition in Aktien. Monatliche regelmäßige Investitionen sollten stärker gefördert werden, da die Kostenmittelwertbildung dazu beiträgt, die Volatilität in einem Portfolio zu verringern.

Die Performance in der Vergangenheit ist keine Garantie für die zukünftige Rentabilität.

John Townsend berät für Matz-Townsend Finanzplanung Kunden bei ihren Anlageportfolios. Er ist Fellow des Chartered Institute for Securities and Investment in London. (Townsend@insure-invest.de)

Anlagemeinungen Dezember 2017

„Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“ Groucho Marx

Präsident Trump hat endlich die erste Maßnahme seiner Präsidentschaft auf den Weg gebracht, das Steuerreformgesetz. In seiner Welt der Superlative handelt es sich dabei selbstredend um die größte und beste Steuersenkung schlechthin. Die Wirklichkeit sieht anders aus; es hat andere größere Steuersenkungen gegeben, aber das ist jetzt auch egal. Die aktuelle Steuerkürzung, die auf geliehenem Geld basiert, ist gefährlich und ein Beweis dafür, dass weder der Präsident noch seine ihn umgebenden Kriecher Ahnung von der wirtschaftlichen Realität haben. Die neue Maßnahme wird als Weihnachtsgeschenk für alle Amerikaner bezeichnet; vielleicht sollte noch etwas in Klammern hinzugefügt werden, und zwar “Amerikaner wie Herr Trump”. Bedauerlicherweise haben die meisten Mittelschicht-Amerikaner keine Ahnung, ob sie 2018 besser wegkommen werden, da die Kürzungen ihrer Steuerabgaben alles andere als transparent sind. Die anderen Erfolge von Herrn Trump lagen darin, grundsätzlich alles rückgängig zu machen, was mit dem Namen Obama verbunden ist, gleichgültig ob es den Bürgern der Vereinigten Staaten zugute kam oder nicht. Wir müssen uns ständig daran erinnern, dass er der gesetzlich gewählte Präsident des Landes ist, und bis sich das ändert, ist das der Preis, den wir für die Demokratie bezahlen müssen. Der Einfluss Amerikas auf globaler Ebene hat sowohl im wirtschaftlichen wie auch im diplomatischen Bereich schwer gelitten.

Für Anleger war 2017 ein profitables Jahr, wenn auch kaum vorhersehbar und mit sehr hohem Schwankungsgrad. Die niedrigen, eigentlich nahezu bei Null befindlichen Zinssätze in den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa haben Aktiengesellschaften dazu verleitet, sich und jegliche Erträge ihrer Investitionen durch Kredite zu finanzieren. Solch eine Nachfrage führt bei den Investoren dazu, dass sie bei der Qualität viel größere Abstriche machen als früher, was wiederum zu einer Reihe irrationaler Finanzblasen (besonders mit Ramschanleihen und ertragsstarken Anleihen) führt. Die vielleicht offensichtlichste Blasen-Investition ist Bitcoin, dessen Preis von 1.000 US-Dollar im Januar auf etwa 19.000 US-Dollar im November stieg und jetzt bei ca. 11.000 US-Dollar liegt. Dieser massive Preisanstieg des Bitcoin ist seltsam, da es sich beim Bitcoin-Markt um einen gänzlich unregulierten Markt ohne Substanz und ohne Aufsichtsorgan, das darauf achtet, dass kein Missbrauch betrieben wird, handelt. Das erinnert an die Londoner Südseeblase oder den Amsterdamer Tulpen- und Blumenzwiebel-Boom. Ursprünglich war der Bitcoin als alternative Währung gedacht, was in der Panik aber untergegangen ist. Die wichtigsten Bitcoin-Produzenten (genannt “Miner”, zu deutsch: “Bergarbeiter”) sitzen in Russland und der Ukraine. Bei der Produktion von Bitcoins handelt es sich um ein teures und hochgradig technisches System. Kontrolle gibt es trotz vieler Bemühungen keine. Es gibt in den USA jetzt einen neuen Terminmarkt für Bitcoins, was in der Vergangenheit in der Regel der Vorbote für Marktkatastrophen war. Die Investoren beglückwünschen sich im Moment vielleicht gerade gegenseitig zu den hohen Preisen ihrer Bitcoins, aber wenn der Markt schwächer wird, werden sie keine Käufer dafür finden, so dass ihre Investition rasch wertlos wird. Die älteren Semester unter Ihnen erinnern sich sicher noch an die Dotcom-Zeit. Der einzig richtige Ratschlag ist wirklich, die Finger davon zu lassen, außer man legt es darauf an, sein Geld in Märkten anzulegen, die riskanter sind als chinesische Pferderennen.

Andere seltsame Bereiche sind ETFs. Darüber habe ich schon geschrieben. Der Markt für börsennotierte Fonds (engl.: exchange traded funds) begann, den Kapitalanlegern zu erlauben, nach Belieben Aktieninvestitionen schnell zu erhöhen oder zu verkaufen. Seither ist der Markt explodiert und sogar Privatanleger wurden in Produkte hineingezogen, die sie nicht verstehen und auch nicht verstehen können und von denen sie vage vernommen haben, dass wenig Kosten auf sie zukommen werden. In Wirklichkeit hinken ETFs den Märkten, denen sie eigentlich folgen sollten, hinterher und da ihre Investitionen im Grunde nicht zielgerichtet sind, verfügen sie weder über eine Unternehmensanalyse oder -führung, noch über einen erfahrenen Manager, der eine Risikoverteilung vornimmt. Dieser Markt, auch wenn er nicht ganz so schlecht ist wie der Bitcoin-Markt, ist ein Himmelfahrtskommando für private Investoren, wenn sie sich nicht gut beraten lassen.

Wir können die Blaseninvestitionen im Technologie-Sektor sehen. Unternehmen wie Tesla stellen vielleicht sehr interessante Produkte her, aber zu einem Preis, der viel höher ist, als der, zu dem sie ihre Autos verkaufen können. Gerade haben sie wieder einen Rekordverlust bekanntgegeben und eingestanden, dass sie mit der Produktion ordentlich hinterherhinken. Dabei handelt es sich noch immer um ein gutes Unternehmen im Vergleich zu anderen, die gerade großen Anklang bei den Anlegern finden. Tatsächlich gibt es gute und profitable Technologie-Unternehmen im FANG-Sektor (FANG = Facebook, Amazon, Netflix und Google), aber es gibt auch eine ganze Menge Unrat, welcher seine Anleger recht sicher im Regen stehen lässt, sobald die Begeisterung nachlässt.

Die Zinssätze weltweit werden wohl nicht mehr viel weiter fallen. Das Ende des Quantitative-Easing-Programms (QE-Programm) wird in den Vereinigten Staaten und Europa spürbar. Die amerikanischen Zinssätze haben etwas zu steigen begonnen und das QE-Programm wird langsam zurückgefahren, aber die amerikanische Unternehmensprofitabilität und -effizienz sollte das in ihrer aktuellen Form gut wegstecken können, so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Aktienpreise davon beeinträchtigt werden. In Europa hat der Chef der Europäischen Zentralbank Herr Draghi allerdings ein Problem. Er weiß, dass das QE-Programm zurückgeschraubt werden muss, um die Bilanz der Zentralbank zu verringern, und dass die Zinssätze anfangen müssen zu steigen. Allerdings weiß Herr Draghi – als guter Italiener – auch, dass die leistungsschwache italienische Wirtschaft und die ineffizienten italienischen Banken in Kombination mit den massiven Staatsschulden keine höheren Zinssätze verkraften können. Diese müssen also so gut wie möglich niedrig gehalten werden. Jedoch sieht es nicht danach aus, dass Italien effizienter oder disziplinierter wird und seine Schulden zurückzahlt, so dass in naher Zukunft die nächste Krise bereits vorprogrammiert ist.

Der Anstieg an den Aktienmärkten basiert hauptsächlich auf der Tatsache, dass die meisten dieser Märkte vor zehn Jahren starke Rückgänge sehen ließen. Die meisten gewinnbringenden Unternehmen blieben profitabel und bei den gegenwärtig künstlich niedrigen Zinssätzen warten die Investoren vergeblich auf positive Erträge.

Die amerikanischen Aktienmärkte sind im Moment stark, da sie die notwendigen Schritte zur Verbesserung ihrer Effizienz unternommen haben. Die Trump-Maßnahmen zur Steuerminderung haben natürlich ihren Teil dazu beigetragen, aber diese wurden im Allgemeinen abgezogen. Der amerikanische Technologie-Sektor boomt und der Hausbau hat erneut das Vertrauen dahingehend gestärkt, dass mit einem Lohnzuwachs in allen Bereichen von den niedrigeren bis zu den höheren Einkommen zu rechnen ist. Dazu kommt, dass amerikanische Aktien schon immer an sich hoch im Kurs standen verglichen mit Aktien anderswo auf der Welt; ihren aktuellen Niveaus sollte nicht zu viel Bedeutung beigemessen werden, besonders da viele amerikanische Rentenfonds und Institutionen ausschließlich in ihre heimischen Märkte investieren.

Europa boomt auch, besonders Nordeuropa. Hier kann man von einem Goldlöckchen-Zustand sprechen, in dem sich alles “gerade richtig” anfühlt, und viele Unternehmen sind profitabel und wachsen. Die Wirtschaftssysteme von Frankreich und Spanien verfügen auch über Anzeichen von Stärke, obwohl Südosteuropa noch immer deutlich von der Großzügigkeit seiner nördlicheren Nachbarn abhängig ist. Solange Investoren sich auf Fondsmanager verlassen, die profitable Unternehmen aus den nordeuropäischen Staaten herauspicken können, ist Europa nach wie vor ein solider Platz für Investitionen.

Ein Jahrzehnt voller Anreize hat den asiatischen Märkten geholfen, schließlich ihren Schwung wiederzufinden, hat aber auch zu Spekulationen geführt. Japan hat jetzt begonnen, neues Vertrauen in sowohl die Computer- als auch die kleinen Unternehmenssektoren zu fassen, die ausländische Investoren nur zögerlich für sich genutzt haben. Das hat sich jetzt geändert, besonders weil genau diese ausländischen Anleger einen Gewinn aus dem Geld generieren müssen, das sich in ihrer Kontrolle befindet. Der japanische Markt sieht sehr vielversprechend aus. Indien entwickelt sich auch immer mehr zu einer profitablen Investition. Von den ursprünglichen BRIC-Ländern (BRIC = Brasilien, Russland, Indien und China) sehen Indien und China am besten aus, Indien vielleicht ein wenig besser als China. Von den anderen beiden sollte man besser die Finger lassen, bedenkt man wie gebeutelt sie von Korruption und versagender Unternehmensführung sind.

Manche Immobilienmärkte befinden sich mehr oder weniger im Aufschwung, die australischen Hauspreise sind auf sehr niedrige Zinssätze zurückzuführen, wobei im Laufe der letzten fünf Jahre Sydneys Hauspreise um fast 70 Prozent und Melbournes um 57 Prozent gestiegen sind. Es gibt alle Anzeichen für eine Blase, die spätestens dann platzt, wenn die Zinssätze zu steigen beginnen und die Nachfrage durch chinesische Anleger wegfällt. Das Gleiche gilt für die Immobilienmärkte in Hongkong, wo die Preise für Wohnungen seit 2008 um über 180 Prozent gestiegen sind. Die chinesische Zentralbank geht resolut gegen übermäßige Kreditvergabe durch Banken aus der zweiten Reihe vor und die Fähigkeit der normalen chinesischen Investoren, in der Monopolwelt von Hongkong mitzumischen, wird drastisch verringert, etwas, das noch verschlimmert wird, wenn die US-Dollar-Zinssätze wieder steigen.

Der fast verzweifelte Kampf, Erlöse aus Investitionen zu erzielen, hat dazu geführt, dass viele Banken, Institutionen und Fonds höhere Risiken eingegangen sind und in Schulden von Unternehmen und Ländern investiert haben, die sie andernfalls niemals in Betracht gezogen hätten. Reichlich Liquidität ist die einzige Antwort; dieser Meinung sind nicht nur die traditionellen Märkte, sondern auch der chinesische Finanzsektor. Vernünftige Kreditvergabe und wahrscheinlich wohlüberlegte Reserve-Positionen werden ignoriert, so dass die Anleger ihre Fondsmanager wieder genau beobachten müssen, um zu sehen, welche von ihnen risikoarme Strategien verfolgen und welche lediglich auf Erträge auf Kosten von Qualität aus sind. Es sollte erwähnt werden, dass die Zunahme an ertragsstarken Anleihen (in den 1980ern als Schrottanleihen bekannt) recht wahrscheinlich zu den ersten Opfern eines neuen Realismus gehören wird.

Der Markt für Multi-Vermögenswert-Investitionen hat begonnen, sich zu bewähren, besonders zu einer Zeit, in der Aktienschwankungen und dadurch die enthaltenen Risiken gestiegen sind. Die zunehmende Inflation und die steigenden Zinssätze, wenngleich nur langsam steigend, machen es für Investoren notwendig, neue Möglichkeiten zur Diversifikation aufzutun. Fonds, die in Aktien investieren, aber auch in Schulden mit festem oder schwankendem Zinssatz, Rohstoffe und Währungen, gehören alle in diese Kategorie, solange Fondsmanager in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie mit solchen Strategien umgehen können. Manche Ansätze, besonders solche, die nicht transparent sind, haben bedauerlicherweise komplett versagt – und genau deshalb ist es so wichtig, seinen Fondsmanager genau unter die Lupe zu nehmen.

2018 wird es in Deutschland Steueränderungen geben, die sich ein klein wenig auf Privatanleger auswirken werden, aber welche zusammen mit den neuen MiFID-II-Regelungen die Menge und Klarheit der Informationen, die von Zwischenhändlern und Fondsmanagern herausgegeben werden müssen, steigern werden. Das ist nichts, was einem Sorgen machen müsste, und wird hoffentlich die Gefahren von Fehl-Verkäufen an unguten Investitionen etwas abmildern. Die Tage von Fehl-Verkäufen an die alten und doofen (‘A&D’) Kunden durch deutsche Banken im Besonderen sind glücklicherweise gezählt.

Die globalen Aktienmärkte bergen noch immer ordentlich Potential, solange Investitionen vorsichtig und mit der angebrachten Bedacht und Analyse erfolgen. Diese Märkte werden zunehmend Schwankungen unterliegen, da die Institutionen nervös werden. Man kann einen plötzlichen Atomkrieg oder eine andere heftige Unstimmigkeit, zum Beispiel zwischen den USA und Nordkorea nicht aus der Rechnung herausnehmen, der unter den unerfahrenen “16-jährigen institutionellen Händlern” finanzielle Unstimmigkeiten hervorrufen würde, aber Krisen bei Bitcoin, Blockchain und den Technologie-Aktien werden eher nicht für einen folgenschweren Überraschungsmoment sorgen und eine totale Panik wie in 2007/2008 auslösen. Es zahlt sich aus, achtsam und vorsichtig zu sein.

Die vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite.

Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London.

(Townsend@insure-invest.de)

 Aus dem Englischen von Magdalena Mandl

John Townsend’s Anlagemeinungen Februar 2017

Zirkusdirektor: „Meine Damen und Herren! Jetzt präsentieren wir Ihnen das fantastischste, großartigste, megakolossalste Spektakel überhaupt! Auf diesem winzig kleinen, unscheinbaren Ball bauen wir für Sie eine Pyramide! Nicht aus Holz, nicht aus Stein, nein! Eine Pyramide aus pompösen, pulsierenden, preisverdächtigen Prachtkerlen! Manege frei für die Elefanten.“

Präsident Trump war während des Wahlkampfes im Vorfeld der Präsidentschaftswahl ganz in seinem Element und macht jetzt den Eindruck eines Zirkusdirektors mit Zylinder, knalligem Jackett und Krawatte, der noch immer die Menschenmengen unterhalten möchte. Es ist ungewöhnlich, dass eine westliche Demokratie per Dekret regiert wird. Und noch ungewöhnlicher ist es, dass da ein Land ist, wo die Politik teilweise in den Händen zweier nichtgewählter Personen liegt, in diesem Fall sind das Stephen Bannon und Stephen Miller, die beide einen Hang zur Verbreitung „alternativer Fakten“ haben. Bei dem dünnhäutigen und paranoiden Präsidenten mit dem Ruf, Einzelheiten zu verabscheuen, eine kurze Aufmerksamkeitsspanne zu haben und nur gute und – ja, wirklich! – falsche Nachrichten, die von seinen Helfern zu ihm durchgefiltert werden, zu glauben, verfügen Herr Trumps Berater über ein ungewöhnliches Ausmaß an Macht, da er als Sprachrohr ihrer Meinungen fungiert. Wenn Präsident Trump den Mund aufmacht, ist die Kampfeslust spürbar; mit Fakten ist es dabei allerdings nicht weit her. Seine Handlungen werden zum Großteil von den beiden in Amerika gewählten Kammern des Kongresses sanktioniert werden müssen. Die bisher vorgeschlagenen Kosten für seine angestrebten Projekte erinnern an einen Verschwender, der plötzlich Zugriff auf das Geld eines Anderen hat. Herr Trumps Vergangenheit in dieser Hinsicht mit seinen Projekten in Atlantic City, die auf geliehenem Geld basieren, ist kein Musterbeispiel.

Trotz allem sind Investitionen in amerikanische Aktien zurzeit durchaus eine Überlegung wert. Nicht wegen Präsident Trump und seiner Politik (oft als Trump-Anstieg bezeichnet), sondern weil es der Wirtschaft und den Unternehmen selbst gut geht. Es ist tatsächlich so, dass die US-Wirtschaft nach den schwierigen und manchmal verwirrenden Jahren 2015 und 2016 wieder sehr positiv dasteht. Die Trump-Wahl hat eine Markterholung in den amerikanischen Aktienmärkten mit sich gebracht, die allerdings wahrscheinlich verpuffen würde, wäre da nicht die zugrundeliegende wirtschaftliche Stärke.

Präsident Trump hat Steuerreformen einschließlich starker Verminderungen der Unternehmenszinssätze und wirtschaftliche Stimuli einschließlich größerer (und bitter nötiger) Investitionen in die Infrastruktur von bis zu 1 TRILLION US-Dollar versprochen (Zur Verdeutlichung: Das sind eine Million Million Dollar). Das kommt zu den 54 Billionen US-Dollar, die er in die US-Streitmacht stecken möchte, hinzu. Die zuletzt genannte Summe klingt beeindruckend, bis man sich erinnert, dass Präsident Obama bereits weitere 38 Billionen US-Dollar für den Verteidigungssektor beantragt hat. Die größere Summe scheint eine willkürliche Zahl zu sein, die einfach deshalb ausgewählt wurde, weil sie den Plan des Vorgängers übertrifft. Präsident Trump besteht außerdem auf dem Bau einer Mauer entlang der mexikanischen Grenze, die über 3000 Kilometer lang ist. Zum Vergleich: Die Berliner Mauer war grade mal 160 Kilometer lang. Laut aktuellen Schätzungen könnte Trumps Mauer über 21 Billionen US-Dollar kosten. Es ist unklar, ob diese Wahlversprechen erfüllt werden bzw. erfüllt werden können. Aber sollte das der Fall sein, werden besonders die großen Bauunternehmen davon profitieren.

Auf einer anderen Ebene hat die US-Notenbank bereits signalisiert, dass sie bis zu drei Zinserhöhungen für 2017 plant. Die US-Notenbank ist von Natur aus unabhängig von der US-Regierung und es ist durchaus wahrscheinlich, dass es zu diesen Erhöhungen kommt. Maßnahmen wie diese werden ein gewisses Maß an Inflation zurückbringen und der finanziellen Repression, die wir bisher in den USA und Europa haben, ein Ende setzen.

Niedrige Zinssätze weltweit, die keine oder sogar negative Erträge zur Folge haben, führten zu einer weitverbreiteten Ausschüttung von Unternehmensanleihen. Jetzt ist die Nachfrage da, um diese Anleihen in großen Mengen zu kaufen. Die ausstellenden Unternehmen müssen natürlich eine Risikomarge zusätzlich zu dem Basissatz für ihre neuen Anleihen zahlen, aber diese ist vergleichsweise gering. Internationale Einrichtungen haben ein Problem mit der Tatsache, dass die Anleihen der Regierung größtenteils einen negativen Ertrag bringen; die Treuhänder der Versicherungsunternehmen erlauben es ihnen nicht, in große Mengen von Aktien zu investieren; stattdessen müssen sie Anleihen finden, um ihren Investmentanforderungen gerecht zu werden. Interessanterweise sind die Margen zwischen AA- und BBB-Anleihen sehr zusammengeschmolzen. Eigentlich nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Säumnisbeträge im Investmentsektor im Allgemeinen sehr niedrig sind.

Der Ölpreis ist gestiegen, wenn auch langsam. Der Anstieg von einem sehr niedrigen Niveau hat sich eindeutig auf die berichtete Inflation ausgewirkt, aber es ist wichtig  zu erkennen, dass der Inflationsanstieg bis Ende 2017 verpuffen wird. Wenn jemand so lange warten möchte, deuten die Wirtschaftswissenschaftler von Flossbach von Storch an, dass der Preis von Öl pro Barrel in ca. 5 Jahren 80 US-Dollar erreichen könnte. Das ist natürlich für diejenigen Länder, die von Ölexporten abhängig sind, nicht gerade förderlich, aber für die Ölimporteure ist es tragbar.

In Europa sind die Märkte für paneuropäische Aktien momentan recht schwach. Tatsächlich gibt es gute und profitable Unternehmen in Europa, aber die wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten beunruhigen die Investoren. So geben eine Präsidentschaftswahl in Frankreich, deren Ergebnis ein Präsident sein könnte, der dem europäischen Traum gegenüber negativ eingestellt ist, eine Parlamentswahl in den Niederlanden, aus der ein ähnlich populistischer, anti-europäisch eingestellter Gewinner hervorgehen könnte, und die (quasi) sichere Tatsache, dass das Vereinigte Königreich gemäß Artikel 50 des Vertrags von Lissabon aus der Europäischen Union austreten wird (ein Brexit), Anlass zur Besorgnis. Griechenland ist noch immer ein großes Problem, aber die Bereitschaft europäischer Führungsgestalten und Bürokraten, Griechenland aus seiner wirtschaftlichen Strangulation und den einschränkenden Schulden zu befreien, bedeutet, dass noch mehr Geld, in genau dieses Fass ohne Boden fließen wird.

Die britische Wirtschaft steht gut da und verfügt insgesamt über ein höheres Wachstum als der Europa-Durchschnitt. Deutschland und die nordeuropäischen Länder blühen wirtschaftlich auf, Dank einer Eurowährung, die zu schwach für ihre jeweiligen Länder und gleichzeitig zu stark für die südlichen Länder ist. Seitens der herrschenden europäischen Mächte (nicht der Führung, derer mangelt es) ist keine Bereitschaft da, derartige Probleme zu diskutieren. Deshalb ist jetzt ein guter Moment, um in deutsche und damit verbundene Aktien zu investieren.

Japan leidet seit mehr als zwei Jahrzehnten unter den wirtschaftlichen Erschütterungen, die von einer geplatzten Vermögenspreisblase und fragwürdigen Krediten ausgehen, die auf einem Unternehmens- und Sozialsystem basiert, dem blind gefolgt wurde. Dieser Zusammenbruch führte auch zu einem starken Selbstvertrauensverlust bei Unternehmen, Banken und ihren Angestellten. Trotz hoher nationaler Schulden erlauben niedrige globale Zinssätze wieder Investitionen. Die drei Pfeile der Abenomics, die Japans chronisch niedrige Inflation reduzieren und die niedrige Arbeiterproduktivität bekämpfen sollen, wenn man sie mit Industrieländern und den Ausgaben einer alternden Population vergleicht, greifen jetzt langsam in einem Land, in dem Veränderungen mit tiefer Skepsis begegnet wird. Heute scheint wieder ein guter Zeitpunkt zu sein, um Investitionen in japanische Aktien zu erneuern.

In China hat sich das wirtschaftliche Wachstum auf ungefähr 6,8 % pro Jahr verlangsamt, besser als erwartet. Obwohl die chinesischen Nationalschulden hoch sind, werden die meisten davon vom privaten Sektor getragen. Das könnte dem sehr großen sekundären Finanzsektor Probleme bringen, aber die chinesische Industrie erscheint stark und bietet viele Möglichkeiten.

Ein recht neuer Sektor für Investoren liegt in den Neuen Grenzmärkten.  Das sind Länder, die kleiner sind als die Schwellenmärkte, aber über wirtschaftliches Potenzial verfügen. Die Risiken, sowohl politisch als auch wirtschaftlich, sind höher und es bedarf einer aufwendigen Analyse, um die daraus resultierenden Risiken zu verstehen und zu managen. Für gute Analysten sind die möglichen Belohnungen allerdings hoch. Es wird nicht lange dauern, bis schlechte Analysten von großen Fonds-Manager-Firmen den Sektor für sich entdecken und unannehmbare Risiken in Kauf nehmen. Daher sollten Investoren die ursprünglichen guten Analysten im Auge behalten und sich davor hüten, sich von neuer Konkurrenz, die sich noch nicht bewährt hat, zu waghalsigen Unternehmungen verführen zu lassen.

Abschließend kann man sagen, dass die Aktienmärkte stärker werden, besonders in den Vereinigten Staaten von Amerika und Nordeuropa, weil die wirtschaftliche Unterstützung für die großen US-Unternehmen wächst, die jetzt bereits an Profitabilität zulegen. Auch deutsche Unternehmen sind in einer starken Position. Die Aktienmärkte werden immer schwanken – die Natur kennt keine geraden Linien, mit Investorengefühl ist das nicht anders – aber der Trend ist ausschlaggebend. Die Märkte mit festverzinslichen Wertpapieren sollten außerhalb den Notwendigkeiten eines diversifizierten ausgeglichenen Portfolios so weit wie möglich gemieden werden, bis sie viel höhere Erträge erzielen.

 

Als die Welt etwas mehr in Ordnung war als jetzt

John Townsends Anlagemeinungen – Mitte Juni 2016

Darauf gibt es keine Antwort. Darauf wird es keine Antwort geben. Darauf hat es noch nie eine Antwort gegeben. Das ist die Antwort. Gertrude Stein, amerikanische Schriftstellerin 1874–1946

Die Panik, die die Aktienmärkte Ende 2015 ergriff, erreichte ihren Tiefpunkt am 11. Februar 2016. Keiner nahm Notiz davon, weil auf den Märkten die Angst noch immer so greifbar war, dass sie sowieso noch gelähmt waren. Die Panik entbehrte jeder Logik – es gab einfach eine Reihe scheinbar außergewöhnlicher Ereignisse, die ihren Teil dazu beitrugen, wie der niedrige Ölpreis (der eigentlich positiv zu sehen war), Chinas abflauende Wirtschaft, Terroranschläge, die EU-Flüchtlingskrise, die Unruhen in der Ukraine, die Tatsache, dass sich in Syrien plötzlich de facto Sunniten und Shiiten bekriegen und die sinkenden Beschäftigungszahlen in den USA. Der MSCI in Euro fiel um 12 %, der DAX um ungefähr 16 %. Die Griesgrame, die früher vielleicht geraten haben, dass die Märkte einbrechen werden, gelten jetzt als Profi-Propheten. Ich bin nicht der Meinung, dass die Märkte sich im Abschwung befinden, sondern dass sie empfindlich auf Schwankungen reagieren, insbesondere weil den niedriger werdenden Preisen keine wirkliche Logik zugrunde lag. Sie waren fast ausschließlich das Ergebnis von Emotionen und Angst. Außerdem darf man die nationalen Konjunkturen nicht mit Aktienmärkten und gut verwalteten Fonds durcheinanderbringen. Ein guter Fondsmanager findet auch bei einer etwas prekären Konjunkturlage gute Möglichkeiten.

China ließ seine Währung, den Renminbi Yuan (RMBY), letztes Jahr floaten. Zur gleichen Zeit verursachte die Entscheidung des chinesischen Zentralkommittees, die chinesische Wirtschaft von einer Wirtschaft, die von Investitionen in die Infrastruktur lebt, in eine Wirtschaft, deren Motor die Verbrauchernachfrage ist, zu ändern, unweigerlich eine Veränderung der Wirtschaftswachstumsrate. Aber da die chinesischen Wachstumszahlen sowieso zum Großteil künstlich waren, hätte der Effekt minimal sein und darauf hoffen lassen sollen, dass die Welt außerhalb Chinas eines Tages endlich mal echte Zahlen zu sehen bekommt. Es steht außer Frage, dass die chinesische Wirtschaft noch immer sehr groß ist und weiter wächst. Die Nachfrage nach Verbrauchsgütern aus dem In- wie auch Ausland steigt. Ein schwächerer RMBY verteuert außerdem Importe, was das Wachstum von inländischen Zulieferern begünstigt.

Europa taumelt von einer Krise in die nächste. Die Möglichkeit, dass Großbritannien die Europäische Union verlässt (der sogenannte Brexit) hat für Unruhe gesorgt – und tut es noch. Wieder sind es die Experten und Meinungsforscher, die die größte Freude daran haben, Vorhersagen bezüglich des Brexit zu machen. Manche dafür, manche dagegen. Die britische Regierung, deren herrschende konservative Partei tief gespalten ist, trägt nicht gerade zu einer Verbesserung der Situation bei. Die in der Opposition befindliche Labour-Partei ist zwar theoretisch für einen Verbleib in der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, aber unter ihrer neuen und unfähigen Führung (Vorgabe einer konstanten Linie? Fehlanzeige!) orientierungslos. Buchmacher und Wettbüros sind (mit knapper Mehrheit) dafür, dass Großbritannien in der EU bleibt, aber am 23. Juni, dem Tag der Entscheidung, werden die Expertenmeinungen der Realität angepasst werden müssen. Es sind die älteren Generationen, die von ihren Sesseln aus den Brexit verlangen; die jüngere Generation ist viel pro-europäischer eingestellt und wird von Großbritanniens Verbleib in der EU am meisten profitieren, aber viele junge Menschen sind entweder noch nicht stimmberechtigt oder gehen aus unbekannten Gründen nicht zur Wahl. In der Zwischenzeit werden die Investmentmärkte weiterhin schwanken, aber nach der Wahl werden die Märkte sowohl im Vereinigten Königreich wie auch in einem stabileren Europa Möglichkeiten für Investments bieten.

Die EZB-Maßnahmen haben dazu geführt, dass Zinssätze und Erträge aus Anleihen in noch nie dagewesene Tiefen gestürzt sind. Deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit sind jetzt sehr begehrt, trotz der Tatsache, dass die Erträge gerade stetig im negativen Bereich liegen. Argumentiert wird damit, dass die Käufer der Anleihen sowieso nicht erwarten, die Anleihen bis zur Fälligkeit zu behalten, sondern nur einen sicheren Hafen brauchen, bis die allgegenwärtige Unsicherheit obsiegt. Anleihenfondsmanager nehmen jetzt höhere Risiken in Kauf, um höhere Erträge zu erzielen, arbeiten aber immer noch innerhalb des Investment-Grade-Bereichs BBB. Durch Investitionen in Unternehmensanleihen, von denen viele in jedem Fall höher bewertet sind als so manche europäische Regierung, und die Auswahl verschiedener Fälligkeiten innerhalb ihrer Portfolios können die Fondsmanager die Stabilität ihrer Erträge absichern.

In den USA hat die US-Notenbank begonnen, ihre Zinssätze zu heben. Zunächst war das nur eine symbolische Geste, lediglich eine signalisierte Absicht, und es kommt sicher noch mehr. Europa ist unweigerlich ein bisschen hinten dran im Vergleich zu den USA, indem es weiterhin sein Aufkaufprogramm von Investment-Grade-Anleihen von europäischen Banken ausweitet. Es scheint, dass hauptsächlich die Banken (und folglich die Regierungen) der schwächeren Länder in Südeuropa von den Liquiditätsmaßnahmen der EZB profitieren. Die nordeuropäischen Banken, auch wenn es ab und zu Ausbrecher gibt, brauchen diesen Stimulus nicht, noch brauchen ihn die nordeuropäischen Regierungen.

Die unheimlich niedrigen Zinssätze haben einige Anleger dazu ermutigt, in Häuser zu investieren, nicht als eigenen Wohnraum, sondern um sie als Geldanlage zu vermieten. Aber Vorsicht! Selbst Häuser in vernünftigem Zustand außerhalb der größten Städte können nicht – beim besten Willen nicht – einen Ertrag erbringen, der vergleichbar ist mit Erträgen auf den Märkten, selbst wenn sie wie bei den zehnjährigen Regierungsanleihen negativ sind. Man muss die Kosten für den Erwerb berücksichtigen (ca. 10 % des Einkaufspreises), die Tatsache, dass die Preise in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich nicht bemerkenswert steigen werden, die Tatsache, dass alle Gebäude auf Kosten des jeweiligen Eigentümers in Stand gehalten werden müssen, und auch, dass es unweigerlich Zeiten geben wird, in denen die Immobilie leer steht. Diese Faktoren schmälern die Erträge aus vermieteten Immobilien so sehr, dass ein sorgfältig ausgeglichenes Fondsportfolio einen viel höheren Ertrag bringt.

Wieder einmal wird rege über Gold diskutiert. Der Marktzusammenbruch der vergangenen Jahre hat zu neuer Disziplin geführt, wodurch unprofitable Minen und auch Minenunternehmen geschlossen wurden sowie weniger schlecht durchdachte Investitionen in neue Minen stattfinden. Eine gewisse, aber kleine Menge physischen Goldes – in veräußerbarer Form – könnte man als Absicherung gegen Katastrophen in Betracht ziehen, solange es irgendwo aufbewahrt wird, wo es einerseits vor Diebstahl sicher ist, aber andererseits Investoren darauf zugreifen können, wenn es zu einer echten Krise kommt. Banken als Aufbewahrungsort sind nicht ideal, weil anzunehmen ist, dass sie gut verschlossen sind, wenn es wirklich zur Katastrophe kommt.

Anleger sollten in erster Linie auf ein breitgefächertes Portfolio achten. Es gibt viele Fondsmanager, die geschickt vernünftige Aktienanlagen auftun, aber diese Investments sollten mit gut verwalteten Anleihefonds ausgeglichen werden. Anleger sollten außerdem Mixed-Strategy-Fonds in Erwägung ziehen, die die Aktien- und Anleihemärkte sowie Absolute-Return-Fonds umfassen, wo der Ertrag nicht notwendigerweise mit den Marktbewegungen zusammenhängt.

Seit die Märkte so schwanken, sind viele neue Fonds und Strategien aus dem Boden geschossen. Diese neuen Produkte sind nicht alle so gut durchdacht, dass sie es wert sind, in Erwägung gezogen zu werden – und viele werden nicht überleben. Wenn man Fonds für ein gut diversifiziertes Portfolio auswählt, sollte man sich daher nur von Fondsmanagern beraten lassen, die nachweisen können, dass sie seit mindestens drei Jahren erfolgreich Risiken managen, und zwar auch in schlechten Marktzeiten.

Es wird viel Wind um die bei einem Fonds anfallenden Kosten gemacht (die Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio) oder TER) und der Tatsache, dass Fondsmanager die Frechheit besitzen könnten, sich selbst zu viel zu bezahlen, manchmal einschließlich Erfolgshonoraren. Das ist Unsinn. Fonds sollten ausschließlich auf Grundlage der Netto-Erträge für Investoren ausgewählt werden, über eine längere Zeit im Vergleich zu den Konkurrenten und der Fähigkeit des Managers mit Risiken umzugehen. Ein erfolgreicher Fondsmanager hat sich seinen Anteil redlich verdient, solange der Investor Nutzen aus dessen Arbeit zieht. Fonds, die in Bezug auf Ertrag und Risiko aus dem oberen Fünftel ihrer Wettbewerbergruppe herausfallen, sollten sowieso nicht als Investment ausgewählt werden, und falls sie Teil des Portfolios sind, sollte man über deren Austausch nachdenken.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite.
Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London.
(Townsend@insure-invest.de)

Aus dem Englischen von Magdalena Mandl

Die chinesische Grippe kann ansteckend sein

Hört auf, China die Schuld zu geben; wir haben es den Chinesen schließlich vorgemacht. – Tom Galey, Professor der Wirtschaftswissenschaften

Die chinesische Grippe kann ansteckend sein

An den Aktienmärkten spielt oft die Marktstimmung eine genauso große Rolle wie die Logik. Die Stimmung dort in den letzten Tagen war panisch – oder zumindest nahe daran. Das hat kaum oder gar nichts mit Griechenland oder der bevorstehenden Zinssatzerhöhung der US-Notenbank zu tun, sondern es ist eher so, dass die chinesische Regierung Emotionen ausgelöst hat, die vollkommen unerwartet und unbeabsichtigt waren.

Die chinesische Zentralbank hat – ermutigt durch den internationalen Währungsfonds und somit der US-Regierung – begonnen, die chinesische Währung, den Renmimbi Yuan bzw. RMBY frei floaten zu lassen. Das bedeutete unweigerlich, dass der RMBY-Wert zunächst gegenüber anderen internationalen Währungen fiel; das Ergebnis ist eine große Angst unter den Anlegern. Die Chinesen möchten, dass der RMBY eine Reservewährung wird, wie der US-Dollar, der Schweizer Franken und (teilweise) der Euro. Dieses Streben hat meiner Meinung nach mehr mit Prestige als Logik zu tun.

Gleichzeitig verzeichneten die Aktien, die auf den chinesischen Inlandsaktienmärkten in Shanghai und Shenzhen gehandelt werden (die „A“-Aktien), große Kurseinbrüche. Inländische chinesische Investoren – die einzigen, die in diese Aktien investieren durften – hatten Aktien häufig mit Margins gekauft, bei denen der Restbetrag des Kaufpreises als Darlehen aufgenommen wurde. In einem aufsteigenden Markt kann das positiv sein, bei absteigenden Märkten dagegen verheerend. Die chinesische Zentralbank ist dazu übergegangen, die extravagante Verleihpraxis an ihre Inlandskunden zu verringern, war allerdings jetzt gezwungen die Zinssätze zu senken als Zeichen dafür, dass sie die Binnenwirtschaft unterstützt. Außerdem diente diese Aktion dazu, die Neuigkeit zu verbreiten, dass die chinesische Wirtschaft 2015 vermutlich „nur“ um ca. 6 % wachsen wird.

Auch so reduziertes Wachstum würde unter anderen Umständen als gut empfunden werden; aber der wackelige Markt, den die Veränderungen innerhalb Chinas nicht im Geringsten verstehen, hat kalte Füße bekommen.

Infolgedessen hat der internationale chinesische Aktienmarkt (die „H“-Aktien), deren Aktien in Hongkong gehandelt werden, Verluste erlitten, allzu oft durch panische Investoren aus Übersee, die den Unterschied zwischen den beiden Märkten nicht verstehen.

China entwickelt sich bewusst von einer Wirtschaft, die durch Investitionen in die Infrastruktur angetrieben wird, in eine Wirtschaft, deren Motor die Verbrauchernachfrage ist. Das ist nachvollziehbar und richtig, aber die Veränderung an sich wird, bevor sie abgeschlossen ist, zu einem anderen Wachstumsmuster der Wirtschaft führen.

Die Belastungen, die von China ausgehen, haben auch die internationalen Aktienmärkte beeinträchtigt. Es besteht die Angst, dass die Exporteure aus dem Westen und aus den aufsteigenden Märkten, die große Vertriebe in China aufgebaut haben, leiden werden, wie auch deren Zulieferer. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die Realität mittel- oder langfristig gesehen genau gegenteilig aussieht, weil chinesische Verbraucher noch mehr Gelegenheit bekommen werden, selbst zu wählen, welche internationalen oder inländischen Waren sie kaufen. Das gilt im Großen und Ganzen auch für Energie, industrielle Produkte und Agrarrohstoffe. Im Klartext heißt das, dass die Chinesen weiterhin Importe tätigen werden müssen.

Außerdem ist es so, dass die Zinssätze in den meisten westlichen Ländern fast auf Null gefallen sind. Das ist für diejenigen, die sich Geld leihen, wunderbar und sie werden so viel billiges Geld leihen wie nur möglich; doch vergessen sie dabei, dass solch hohe Schulden schwer zurückzuzahlen sind, wenn die Zinssätze wieder steigen.

Die US-Notenbank hat verlauten lassen, dass sie die Zinssätze im September 2015 wieder ein klein wenig anheben will – unter dem Vorbehalt, dass es keine zu Verzögerungen führenden Katastrophen gibt. Das Augenmerk lag zunächst auf den US-amerikanischen Arbeitsmärkten, aber diese scheinen stabil genug zu sein. Die Frage ist nun, ob die Unruhe in den internationalen Aktienmärkten eine Verzögerung zur Folge haben könnte. Der Erfahrung nach nicht, aber das Ruder befindet sich in neuer Hand.

Die Aufmerksamkeit gilt nicht länger Griechenland, was schade ist, weil dort noch nichts geregelt ist und noch viel schiefgehen kann. Die Tsipras-Regierung hat abgedankt und zu Neuwahlen aufgerufen in dem Versuch, mehr Unterstützung im griechischen Parlament zu bekommen. Dreißig Parlamentsmitglieder des linken Flügels verließen prompt die Partei, um ihre eigene separate Bewegung zu bilden. Wozu das schlussendlich führt, steht in den Sternen. Ich bin noch immer der Meinung, dass Griechenland versuchen wird, eine Reduzierung seiner schrecklich hohen Schulden zu erreichen, indem es den Euro aufgibt und eine Reduzierung der Schulden fordert (durch einen Schuldenschnitt von 50 % oder mehr). Das ist reine Spekulation, aber ein anderer Ausweg ist schwer vorstellbar.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in die großen Aktienmärkte zu investieren, während die Kurse so künstlich niedrig gehalten werden. Vielleicht widerstrebt einem diese Aktion, sie ist aber nicht zwangsläufig über Gebühr riskant.

Die vergangene Leistung ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite. Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London (Townsend@insure-invest.de).

Aus dem Englischen von Magdalena Mandl