John Townsend’s Anlagemeinungen Juli 2019

Die Wahrheit ist immer seltsam, Seltsamer als die Fiktion – Lord Byron

Verdorbene Politik nimmt einen unangemessenen Platz auf den Finanzmärkten ein: Die Ein-Mann und die teamlose US-Regierung von Präsident Trump (mit Unterstützung einiger weniger treuer, ehrgeiziger, aber nicht besonders fähiger Handlanger) und Boris Johnsons richtungsloser Aufstieg in die Position des Premierministers im Vereinigten Königreich tragen beide die Merkmale eines inkohärenten, disruptiven und anarchistischen Stils. Dabei laufen beide Länder Gefahr, in ein wirtschaftliches und politisches Chaos ohne klare Richtung und ohne die Fähigkeit, sich im Falle einer kohärenten Bedrohung, sei sie wirtschaftlicher oder politischer Natur, zu schützen. Herr Johnson, der einst an einer Karriere im Journalismus scheiterte, die hauptsächlich darauf abzielte, Geschichten zu erfinden, wurde von seinen früheren Herausgebern unschön beschrieben. Er hat nach allem, was man hört, nicht mehr als die moralische Richtung eines Windsacks.

Der US-Präsident, ein selbsternannter Dealmaker, führt Zölle auf seine eigenen internationalen Verbündeten mit Europa und insbesondere Japan ein, die die Hauptlast seiner neu verhängten Strafen tragen. Es gibt keine Logik für diese Tarife, außer dem Versuch von Herrn Trump, seine Muskeln im Vorfeld der nächsten US-Präsidentschaftswahlen spielen zu lassen. Die größte Gefahr seines Handelns besteht darin, dass sich die gegnerischen Länder gezwungen sehen könnten, ihre Währungen abzuwerten. Auf jeden Fall scheinen auch die Vereinigten Staaten eine Abwertung des US-Dollars zu planen, um die Wettbewerbsfähigkeit der US-Exporte zu erhöhen. Dieser Abwertungswettbewerb wäre für den gesamten westlichen Handel destruktiv.

Der vom US-Präsidenten begonnene drohende Handelskrieg mit China (weil Handelskriege scheinbar leicht zu gewinnen sind) scheint wenig Einfluss auf China gehabt zu haben. Hier ist die jährliche Wachstumsrate von 6,5% auf 6,2% gesunken, was wahrscheinlich ebenso auf interne wirtschaftspolitische Veränderungen durch die chinesische Regierung zurückzuführen ist wie auf die Auswirkungen der US-Zölle. Das Niveau von 6,2 % liegt weiterhin innerhalb der von der chinesischen Regierung vorgegebenen Grenzen von 6,0 % bis 6,5 %. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der US-Präsident den Cashflow aus der Einführung von Zöllen missverstanden zu haben scheint, was für den US-Verbraucher zusätzliche Kosten bedeutet, nicht aber für die chinesischen Anbieter.

Die US-Wirtschaft ist derzeit florierend und die Zinsen dürften nach einem ähnlich starken Anstieg im September 2018 wieder um 0,25% sinken. Allerdings zeichnen sich konjunkturelle Wolken ab, die zu einer Schwäche der US-Wirtschaft führen könnten. Da Geld so billig zu leihen ist, gibt es viele US-Unternehmen, die durch Investitionen expandieren, aber ebenso gibt es auch viele, die sich durch hohe Kreditaufnahme über Wasser halten. Dies ist potenziell beunruhigend für die hochverzinslichen (und damit risikoreicheren) Investmentfonds, die eine zusätzliche Performance durch Investitionen in nicht Investment-Grade-Unternehmen anstreben. Sie werden stark darunter leiden, wenn die Zinsen wieder steigen und die US-Wirtschaft nachlässt. Ich habe mich entschieden, diese Fonds in meinen Kundenportfolios zu vermeiden.

Die Inflationsraten sowohl in den USA als auch in der Eurozone sind mit 1,8% bzw. 1,1% auf einem sehr niedrigen Niveau. Ebenso gering ist das Wachstum mit rund 1% pro Jahr. Angesichts der Tatsache, wieviel Geld derzeit zur Verfügung gestellt wird, ist es schwer zu erkennen, dass die Inflation deutlich oder gar nicht steigen wird. Die Zinssätze in Europa wurden ebenfalls so gestaltet, dass sie niedrig bleiben, auch nachdem Herr Draghi seine Rolle als Leiter der Europäischen Zentralbank niedergelegt hat.  Frau Lagarde wird wenig Freiheit haben, die Euro-Zinsen zu erhöhen, wenn sie die Geschäfte übernimmt. Die EU hat jedoch jetzt zwei Problemmitglieder, Italien und Polen, was die politische Stabilität beeinträchtigen könnte. Beide haben lautstarke Anti-EU-Stimmen. Niedrige Zinssätze werden Italien zweifellos helfen, sich über Wasser zu halten, ohne dass dieses Land schwierige interne wirtschaftliche Anpassungen vornehmen muss. Polen, der größte Nettoempfänger von Bargeld in der EU, zahlt keine Zinsen auf seine EU-Unterstützung und wird daher weniger von einem künftigen Anstieg der Zinssätze betroffen sein. In Wahrheit kann es sich weder der eine noch der andere leisten, die abschirmenden Flügel Europas zu verlassen, aber sie können und werden unnötige Kontroversen mit ihren Forderungen schüren, die sich an ihre lokalen Wähler richten.

Die irrationale Entscheidung des US-Präsidenten, den gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (JCPOA), ein multilaterales Abkommen zur Begrenzung der Produktion von iranischem Kernmaterial, einseitig aufzuheben, war in Wahrheit als Aufhebung einer weiteren von Präsident Obama unterzeichneten Maßnahme gedacht, den Trump abscheulich findet. Es ist nicht klar, warum der ehemalige Präsident Obama von Herrn Trump so sehr abgelehnt wird, aber die von ihm eingeführten Maßnahmen wurden im großen Stil und ersatzlos gestrichen.

Der Iran hat ein hartnäckiges Problem, da er verschiedene interne Fraktionen hat, die um die Macht kämpfen und oft nicht miteinander reden. Es gibt die offiziell anerkannte Regierung, mit der die ausländischen Regierungen interagieren, aber es gibt auch die iranische Revolutionsgarde (IRGC) , mit dem Ausländer nicht kommunizieren, welches das Rückgrat der derzeitigen politischen Struktur ist und ein wichtiger Akteur in der iranischen Wirtschaft ist. Das IRGC hat seine eigenen gewalttätigen Schritte gegen Öltanker im Arabischen Golf und die Entführung eines britischen Schiffes in internationalen Gewässern aus Rache für die Beschlagnahme eines iranischen Schiffes voller Öl für Syrien unternommen. Die Revolutionsgarde steht nicht unter staatlicher Kontrolle, und es hat wenig Wirkung, wenn westliche Außenminister streng mit ihren iranischen Gegenparteien sprechen. Die restlichen Parteien sind hauptsächlich religiös wenn sie das iranische Volk betreffen, sind aber im internationalen Bereich relativ bedeutungslos. Es wäre viel klüger gewesen, den Vertrag unberührt zu lassen.

Saudi-Arabien und seine Verbündeten im Golf sind die unerbittlichen Feinde der Iraner. Dies hat viel mit dem sunnitischen (Saudi et al.) versus schiitischen (Iran und nordarabische Staaten) Konflikt im Islam zu tun. Die Saudis haben die Unterstützung von US-Präsident Trump und seinem Schwiegersohn erhalten und fühlen sich stark genug, um militärische und wirtschaftliche Maßnahmen ohne Rücksicht auf andere internationale Meinungen zu ergreifen. Dies trägt viele der Merkmale des Völkerbundes zwischen den beiden Weltkriegen.

Es gibt jedoch gute Nachrichten aus dem Sektor Emerging Markets, insbesondere aus dem asiatischen Raum, wo gute Fondsmanager mit leistungsfähigen Analysten inzwischen gute nachhaltige Renditen erzielen. In einem immer komplexer werdenden Investmentmarkt ist es unerlässlich, nur solche Fondsmanager einzusetzen, die über angemessene Unternehmensanalyseteams verfügen und Entscheidungen nach Bottom-up- und Top-down-Kriterien treffen können. Es gibt viele ausgezeichnete Unternehmen, in die man investieren kann. Die großen US-amerikanischen und europäischen Unternehmen werden von mehreren Analystenteams begleitet und können keinen Schritt machen, ohne eine Reaktion hervorzurufen. Kleinere, nicht-amerikanische und europäische Unternehmen haben weitaus weniger Analysten, die sie beobachten und lassen daher mehr Raum für wertvolle Research Ergebnisse.

Die japanische Wirtschaft schreitet leise auf ihrem eigenen Weg voran. Die westlichen Wirtschaftsmächte beklagen die zunehmende „Japanisierung“ ihrer Volkswirtschaften. Die japanische Zentralbank unterstützt ihre Binnenwirtschaft jedoch seit vielen Jahren mit niedrigen Zinsen und ausreichender finanzieller Liquidität. Dazu gehörten der Kauf von japanischen Staatsschulden und die Aktien vieler großer japanischer Unternehmen. Der zweitgrößte Inhaber der japanischen Staatsverschuldung ist die allgegenwärtige Hausfrau Frau Watanabe, es ist unwahrscheinlich, dass diese Investoren jemals ihre Investitionen abladen wollen, und Japanpapier wird daher, obwohl relativ wenig aufregend, eine stetige Rendite erzielen. Diese Maßnahmen haben zwar nicht zu einer hohen Wachstumsrate geführt, aber sie haben die Rentabilität der Unternehmen gefördert und die japanischen Unternehmen sind inzwischen gesund.

Die chinesische Wachstumsrate hat sich leicht auf 6,2% reduziert. Aber die chinesische Regierung arbeitet daran, die Richtung der Wirtschaft zu ändern, die Inlandsverschuldung zu reduzieren und die inländische Abhängigkeit von Krediten aus dem einregulierten Bankensektor zu verringern. Die US-Zölle haben nur eine begrenzte Wirkung, da die meisten Waren, wie z.B. Agrarrohstoffe, die die Chinesen früher in den USA gekauft haben und die jetzt Gegenstand von Rachezöllen sind, aus anderen Ländern gekauft werden. Ausländische Autokonzerne, insbesondere solche mit Fabriken in China und solchen, die billigere Modelle verkaufen, leiden jedoch stark unter der abschwächenden Nachfrage nach ihren Fahrzeugen. Ich vermute, dass dies wahrscheinlich vorübergehend sein wird, da sich die Wirtschaft an die neue Kreditpolitik des Staates gewöhnt. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Investition in chinesische Unternehmensrisiken, da die Analysten sehr gut ausgebildet und erfahren sind.

Es gibt noch immer wichtige Diskussionen über den Unterschied zwischen passiven Anlagen wie ETFs, die aktiv einem realen oder künstlichen Index folgen, und aktiven Anlagen wie verwalteten Fonds. Passive Fonds haben theoretisch niedrigere Kosten, da sie keine Front-End-Gebühren und keine Managementgebühren haben, sie haben jedoch die Kosten für den Wechsel ihrer Anlagen, wenn sich die Indizes ändern, obwohl diese Kosten selten, wenn überhaupt, veröffentlicht werden. Aktiv verwaltete Fonds, insbesondere bei sorgfältiger Analyse und gutem Management, haben den Vorteil, dass sie eine positive Marge gegenüber einem Index, bekannt als Alpha, erzielen. In der Regel werden sie nach allen Gebühren und Abgaben netto verglichen. Ein kundenorientiertes Portfolio von aktiv verwalteten Fonds dürfte sich daher besser entwickeln als ein Portfolio von Supermarkt-Indexfonds. Ich glaube fest daran, mittelfristig „Alpha“ zu suchen und unkorrelierte Strategien in Portfolios mit überdurchschnittlichen Renditen zu kombinieren.

Der Schlüssel zu erfolgreichen und profitablen Investitionen auf den Fondsmärkten liegt in der vorausschauenden Planung, der Bewältigung von Finanzstürmen und der Verwendung der besten Qualitätsmanager, die konsistentes Alpha liefern und nicht alle, so weit wie möglich, in dieselben Aktien und Strategien investieren, um so eine „Bündelung“ von Risiken zu vermeiden.

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie für die zukünftige Rentabilität.

John Townsend berät Kunden bei ihren Anlageportfolios für Matz-Townsend Finanzplanung. Er ist Fellow des Chartered Institute for Securities and Investment in London.

(Townsend@insure-invest.de)

John Townsend’s Anlagemeinungen 03 Januar 2019

„Wall Street Indizes prognostizierten neun der letzten fünf Rezessionen“

der verstorbene Nobelpreisträger Paul Samuelson

In den letzten drei Monaten des Jahres 2018 erlebten wir eine deutliche Korrektur an den globalen Aktien- und Anleihenmärkten. Es liegt in der Natur eines in Panik geratenen Marktes, vor allem eines, der durch das Handeln von böswilligen Politikern angeheizt wird, dass es zu schweren Überreaktionen kommen wird. Ende 2018 kam es zu einer solchen Panik, verbunden mit einem vermeidbaren Handelskrieg mit China, von dem die USA wahrscheinlich nicht profitieren werden, einer erwarteten Verlangsamung des chinesischen Wachstums von 6,6% auf „nur“ 6%, einem britischen Austritt aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ohne triftigen Grund außer Fremdenfeindlichkeit und einer vagen, wenn auch möglicherweise unbegründeten Hoffnung, dass andere außereuropäische Länder eingreifen werden, um die unvermeidliche Handelslücke zu schließen. Dies führt zum langsamen Selbstmord einer einst stolzen Wirtschaft und eines politischen Systems und zu ihrem Abstieg  in relative Vergessenheit.

All dies führte trotz einer globalen Wachstumsrate von rund 3,7% im Jahr 2018 dazu, dass umkämpfte Händler, die vor allem darauf warteten, ihre Handelspositionen zu Weihnachten und zum Jahreswechsel abzuschneiden, stark überreagierten. Etwas, das 2019 zu einer Erholung führen wird.

Es wurde eine Korrektur zum Jahresende erwartet. Die entwickelten Volkswirtschaften hatten rund 10 Jahre Wachstum erlebt und ein tiefer Atemzug war angesagt. Ebenso befinden sich die Weltwirtschaften in ihren Konjunkturzyklen in einem späten Stadium, wenn auch noch nicht am Ende, basierend auf den Erfahrungen der Geschichte. Die Marktstimmung ist nicht vorhersehbar, und wenn ein unkluger US-Präsident seinem Bauchgefühl folgt, das auf den Berichten von Fox-News und nicht auf dem Rat seiner eigenen Berater beruht, führen die Aussagen, die durch unüberlegte Twitter-Ankündigungen verursacht werden, zwangsläufig zu negativen Ergebnissen.

Doch die Wirtschaft der USA und Chinas ist stark und wächst, eine Rezession ist dort vielleicht noch nicht in Sicht. In den USA trug eine umfangreiche Steuererleichterung dazu bei, die Unternehmensgewinne vorerst zu steigern, was sich jedoch nicht wiederholen dürfte. Präsident Trump macht die Erhöhung der US-Zinsen um 0,25% für eine zukünftige Wachstumsschwäche verantwortlich.  In China hat die Regierung erkannt, dass eine Entspannung der Kreditverfügbarkeit in der Vergangenheit zum Wachstum beigetragen hat  aber in Gefahr läuft, zu weit zu gehen. Es findet deshalb ein hartes Durchgreifen der Kreditvergabe im Privatsektor und durch die Sekundärbanken statt, was zu Unsicherheit auf Seiten des verarbeitenden Gewerbes führt, das sich Sorgen um die Finanzierung künftiger Handels- und Investitionstätigkeiten macht. Auch hier wird 2019 eine neue Balance gefunden.

In Europa wird die Unsicherheit nicht nur durch den Brexit verursacht. Woher künftig  die Milliarden nehmen, die das Vereinigte Königreich in der Vergangenheit an Europa gezahlt hat, um verschiedene Programme und die immer bedürftigen südlichen „Olivenöl“-Länder zu unterstützen? Auch Italien und Frankreich beginnen Anzeichen einer Konjunkturabschwächung zu zeigen. Die französische Regierung versucht, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wird aber mit vorhersehbaren gewalttätigen Demonstrationen konfrontiert. In Italien will eine neue populistische Regierung nicht einmal über finanzielle haushaltspolitische Geradlinigkeit diskutieren, und die italienische Wirtschaft dürfte im kommenden Jahr Anlass zur Sorge geben.

Die Schwellenländer sind in hohem Maße von der Nachfrage nach ihren Gütern aus den entwickelten Ländern abhängig. Sie arbeiten hart daran, eine gewisse Interdependenz aufzubauen, obwohl ein Rückgang der entwickelten Märkte zweifellos zu einer wirtschaftlichen Verlangsamung führen wird.

Die globalen Investmentmärkte werden sich von der aktuellen Panik erholen, weil leitende Börsenhändler  ihre Arbeit zu Beginn des Jahres wieder aufnehmen. Es wird eine Zeit der Ruhe geben, aber die Gefahr einer Rezession ist nicht mehr fern, und die Portfolios sollten durch zusätzliche Vielfalt stabilisiert werden, um den bevorstehenden Turbulenzen zu begegnen.

Deutschland ist seit einigen Jahren das Kraftpaket der europäischen Investmentmärkte, wobei sich die deutschen Aktienmärkte  jedoch weitgehend auf Maschinenbau- und Technologieunternehmen konzentriert haben. Diese beiden Sektoren haben stark gelitten, da das Vertrauen der institutionellen Anleger nachgelassen hat. Der Dieselskandal, von dem viele, wenn nicht die meisten Automobilhersteller betroffen sind  und die abnehmende Unterstützung durch die lokalen Politiker geben Anlass zur Sorge um die Rentabilität, wenn auch nicht um das tatsächliches Überleben. Technologieaktien waren aufgrund der allgemeinen Besorgnis über diesen Sektor in einem globalen Sektor betroffen. Lassen Sie mich klarstellen: Sowohl im deutschen Maschinen- als auch im Technologiesektor liegt eine sehr gute Zukunftschance  und die Investoren täten gut daran, auch hier auf ihren Händen zu sitzen, bis das Unwohlsein vorbei ist.

Fonds mit gemischten Strategien waren traditionell ein sicherer Hafen zur Risikominderung, aber gerade dieser Sektor mit gemischten Strategien hat in der vergangenen Krise auch einen unerwarteten Schlag erlitten. 2019 sollte der Anteil eines Portfolios, das auf Aktien entfällt  reduziert werden. Frühere akademische Studien haben jedoch gezeigt, dass es in einem durchschnittlichen Jahr nur etwa acht bis zehn Tage gibt, die den Investoren ein starkes Wachstum bieten. Wenn diese Tage verpasst werden, wird ein Portfolio nur minimale, aber positive Renditen aufweisen. Im gleichen Durchschnittsjahr gibt es in der Regel nur etwa fünf oder sechs Tage, an denen schwerere Schäden auftreten. Niemand kann im Voraus sagen, welche die profitablen oder verlorenen Tage sind. Die Botschaft ist, dass die Anleger investiert bleiben und Geduld haben müssen.

Auch eine Anlage in Barmittel ist langfristig nicht ratsam. Die Inflationsraten steigen und eine Investition muss mehr verdienen als die Inflationsrate, derzeit 1,8% in Deutschland, damit Anleger und Sparer die Kaufkraft ihres Geldes behalten können.

Die letzte wirtschaftliche Rezession vor Beginn des nächsten Zyklus ist nun voraussichtlich im Jahr 2020 zu erwarten, nachdem sie durch die Turbulenzen der aktuellen Marktverwerfung aufgeschoben wurde. Der Zeitpunkt ist nicht genau vorhersehbar, da das Ereignis ausführlich diskutiert wurde, was möglicherweise zu einem Schritt in Erwartung der Realität führen könnte. Einige der „Experten“, die den schweren Crash 2007/9 vorhergesagt haben, treffen auch jetzt ihre Vorhersagen, die jedoch teilweise dadurch relativiert werden sollten.  Viele Experten werden nach dem einen Ereignis beurteilt, dass sie möglicherweise vorhergesehen haben, und nicht nach dem, was sie nicht vorhergesehen haben.

Zu den Sektoren, denen man in 2019 folgen sollte, gehören diejenigen, in denen sich die Stimmung im Jahr 2018 gegen sie gewendet hat. Das sind Deutschland, China, Japan und die Technologie. Die US-Aktienmärkte sind überbewertet, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sie von großen lokalen Finanzinstituten unterstützt werden. Dies bietet ihnen ein unzureichendes Preis-Leistungs-Verhältnis und eine Pufferung bei einem Abwärtstrend.

Die Schwellenländer sind darauf angewiesen, dass effiziente Unternehmen an starke Volkswirtschaften verkaufen, solange die chinesischen, europäischen und US-amerikanischen Märkte weiterhin prosperieren und auch angemessene Renditen bieten. Die New Frontier Märkte, diejenigen, in denen die Länder zu klein sind, um selbst als Schwellenländer zu gelten, können Zufalls-Renditen erzielen, aber in einem  sehr volatilen Umfeld wo die Risiken und die  geringe Liquidität ihrer Investitionen jedoch immer gefährlicher werden.

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie für die zukünftige Rentabilität.

John Townsend berät Kunden bei ihren Anlageportfolios für Matz-Townsend Finanzplanung. Er ist Fellow des Chartered Institute for Securities and Investment in London.

(Townsend@insure-invest.de)

 

Anlagemeinungen Dezember 2017

„Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“ Groucho Marx

Präsident Trump hat endlich die erste Maßnahme seiner Präsidentschaft auf den Weg gebracht, das Steuerreformgesetz. In seiner Welt der Superlative handelt es sich dabei selbstredend um die größte und beste Steuersenkung schlechthin. Die Wirklichkeit sieht anders aus; es hat andere größere Steuersenkungen gegeben, aber das ist jetzt auch egal. Die aktuelle Steuerkürzung, die auf geliehenem Geld basiert, ist gefährlich und ein Beweis dafür, dass weder der Präsident noch seine ihn umgebenden Kriecher Ahnung von der wirtschaftlichen Realität haben. Die neue Maßnahme wird als Weihnachtsgeschenk für alle Amerikaner bezeichnet; vielleicht sollte noch etwas in Klammern hinzugefügt werden, und zwar “Amerikaner wie Herr Trump”. Bedauerlicherweise haben die meisten Mittelschicht-Amerikaner keine Ahnung, ob sie 2018 besser wegkommen werden, da die Kürzungen ihrer Steuerabgaben alles andere als transparent sind. Die anderen Erfolge von Herrn Trump lagen darin, grundsätzlich alles rückgängig zu machen, was mit dem Namen Obama verbunden ist, gleichgültig ob es den Bürgern der Vereinigten Staaten zugute kam oder nicht. Wir müssen uns ständig daran erinnern, dass er der gesetzlich gewählte Präsident des Landes ist, und bis sich das ändert, ist das der Preis, den wir für die Demokratie bezahlen müssen. Der Einfluss Amerikas auf globaler Ebene hat sowohl im wirtschaftlichen wie auch im diplomatischen Bereich schwer gelitten.

Für Anleger war 2017 ein profitables Jahr, wenn auch kaum vorhersehbar und mit sehr hohem Schwankungsgrad. Die niedrigen, eigentlich nahezu bei Null befindlichen Zinssätze in den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa haben Aktiengesellschaften dazu verleitet, sich und jegliche Erträge ihrer Investitionen durch Kredite zu finanzieren. Solch eine Nachfrage führt bei den Investoren dazu, dass sie bei der Qualität viel größere Abstriche machen als früher, was wiederum zu einer Reihe irrationaler Finanzblasen (besonders mit Ramschanleihen und ertragsstarken Anleihen) führt. Die vielleicht offensichtlichste Blasen-Investition ist Bitcoin, dessen Preis von 1.000 US-Dollar im Januar auf etwa 19.000 US-Dollar im November stieg und jetzt bei ca. 11.000 US-Dollar liegt. Dieser massive Preisanstieg des Bitcoin ist seltsam, da es sich beim Bitcoin-Markt um einen gänzlich unregulierten Markt ohne Substanz und ohne Aufsichtsorgan, das darauf achtet, dass kein Missbrauch betrieben wird, handelt. Das erinnert an die Londoner Südseeblase oder den Amsterdamer Tulpen- und Blumenzwiebel-Boom. Ursprünglich war der Bitcoin als alternative Währung gedacht, was in der Panik aber untergegangen ist. Die wichtigsten Bitcoin-Produzenten (genannt “Miner”, zu deutsch: “Bergarbeiter”) sitzen in Russland und der Ukraine. Bei der Produktion von Bitcoins handelt es sich um ein teures und hochgradig technisches System. Kontrolle gibt es trotz vieler Bemühungen keine. Es gibt in den USA jetzt einen neuen Terminmarkt für Bitcoins, was in der Vergangenheit in der Regel der Vorbote für Marktkatastrophen war. Die Investoren beglückwünschen sich im Moment vielleicht gerade gegenseitig zu den hohen Preisen ihrer Bitcoins, aber wenn der Markt schwächer wird, werden sie keine Käufer dafür finden, so dass ihre Investition rasch wertlos wird. Die älteren Semester unter Ihnen erinnern sich sicher noch an die Dotcom-Zeit. Der einzig richtige Ratschlag ist wirklich, die Finger davon zu lassen, außer man legt es darauf an, sein Geld in Märkten anzulegen, die riskanter sind als chinesische Pferderennen.

Andere seltsame Bereiche sind ETFs. Darüber habe ich schon geschrieben. Der Markt für börsennotierte Fonds (engl.: exchange traded funds) begann, den Kapitalanlegern zu erlauben, nach Belieben Aktieninvestitionen schnell zu erhöhen oder zu verkaufen. Seither ist der Markt explodiert und sogar Privatanleger wurden in Produkte hineingezogen, die sie nicht verstehen und auch nicht verstehen können und von denen sie vage vernommen haben, dass wenig Kosten auf sie zukommen werden. In Wirklichkeit hinken ETFs den Märkten, denen sie eigentlich folgen sollten, hinterher und da ihre Investitionen im Grunde nicht zielgerichtet sind, verfügen sie weder über eine Unternehmensanalyse oder -führung, noch über einen erfahrenen Manager, der eine Risikoverteilung vornimmt. Dieser Markt, auch wenn er nicht ganz so schlecht ist wie der Bitcoin-Markt, ist ein Himmelfahrtskommando für private Investoren, wenn sie sich nicht gut beraten lassen.

Wir können die Blaseninvestitionen im Technologie-Sektor sehen. Unternehmen wie Tesla stellen vielleicht sehr interessante Produkte her, aber zu einem Preis, der viel höher ist, als der, zu dem sie ihre Autos verkaufen können. Gerade haben sie wieder einen Rekordverlust bekanntgegeben und eingestanden, dass sie mit der Produktion ordentlich hinterherhinken. Dabei handelt es sich noch immer um ein gutes Unternehmen im Vergleich zu anderen, die gerade großen Anklang bei den Anlegern finden. Tatsächlich gibt es gute und profitable Technologie-Unternehmen im FANG-Sektor (FANG = Facebook, Amazon, Netflix und Google), aber es gibt auch eine ganze Menge Unrat, welcher seine Anleger recht sicher im Regen stehen lässt, sobald die Begeisterung nachlässt.

Die Zinssätze weltweit werden wohl nicht mehr viel weiter fallen. Das Ende des Quantitative-Easing-Programms (QE-Programm) wird in den Vereinigten Staaten und Europa spürbar. Die amerikanischen Zinssätze haben etwas zu steigen begonnen und das QE-Programm wird langsam zurückgefahren, aber die amerikanische Unternehmensprofitabilität und -effizienz sollte das in ihrer aktuellen Form gut wegstecken können, so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Aktienpreise davon beeinträchtigt werden. In Europa hat der Chef der Europäischen Zentralbank Herr Draghi allerdings ein Problem. Er weiß, dass das QE-Programm zurückgeschraubt werden muss, um die Bilanz der Zentralbank zu verringern, und dass die Zinssätze anfangen müssen zu steigen. Allerdings weiß Herr Draghi – als guter Italiener – auch, dass die leistungsschwache italienische Wirtschaft und die ineffizienten italienischen Banken in Kombination mit den massiven Staatsschulden keine höheren Zinssätze verkraften können. Diese müssen also so gut wie möglich niedrig gehalten werden. Jedoch sieht es nicht danach aus, dass Italien effizienter oder disziplinierter wird und seine Schulden zurückzahlt, so dass in naher Zukunft die nächste Krise bereits vorprogrammiert ist.

Der Anstieg an den Aktienmärkten basiert hauptsächlich auf der Tatsache, dass die meisten dieser Märkte vor zehn Jahren starke Rückgänge sehen ließen. Die meisten gewinnbringenden Unternehmen blieben profitabel und bei den gegenwärtig künstlich niedrigen Zinssätzen warten die Investoren vergeblich auf positive Erträge.

Die amerikanischen Aktienmärkte sind im Moment stark, da sie die notwendigen Schritte zur Verbesserung ihrer Effizienz unternommen haben. Die Trump-Maßnahmen zur Steuerminderung haben natürlich ihren Teil dazu beigetragen, aber diese wurden im Allgemeinen abgezogen. Der amerikanische Technologie-Sektor boomt und der Hausbau hat erneut das Vertrauen dahingehend gestärkt, dass mit einem Lohnzuwachs in allen Bereichen von den niedrigeren bis zu den höheren Einkommen zu rechnen ist. Dazu kommt, dass amerikanische Aktien schon immer an sich hoch im Kurs standen verglichen mit Aktien anderswo auf der Welt; ihren aktuellen Niveaus sollte nicht zu viel Bedeutung beigemessen werden, besonders da viele amerikanische Rentenfonds und Institutionen ausschließlich in ihre heimischen Märkte investieren.

Europa boomt auch, besonders Nordeuropa. Hier kann man von einem Goldlöckchen-Zustand sprechen, in dem sich alles “gerade richtig” anfühlt, und viele Unternehmen sind profitabel und wachsen. Die Wirtschaftssysteme von Frankreich und Spanien verfügen auch über Anzeichen von Stärke, obwohl Südosteuropa noch immer deutlich von der Großzügigkeit seiner nördlicheren Nachbarn abhängig ist. Solange Investoren sich auf Fondsmanager verlassen, die profitable Unternehmen aus den nordeuropäischen Staaten herauspicken können, ist Europa nach wie vor ein solider Platz für Investitionen.

Ein Jahrzehnt voller Anreize hat den asiatischen Märkten geholfen, schließlich ihren Schwung wiederzufinden, hat aber auch zu Spekulationen geführt. Japan hat jetzt begonnen, neues Vertrauen in sowohl die Computer- als auch die kleinen Unternehmenssektoren zu fassen, die ausländische Investoren nur zögerlich für sich genutzt haben. Das hat sich jetzt geändert, besonders weil genau diese ausländischen Anleger einen Gewinn aus dem Geld generieren müssen, das sich in ihrer Kontrolle befindet. Der japanische Markt sieht sehr vielversprechend aus. Indien entwickelt sich auch immer mehr zu einer profitablen Investition. Von den ursprünglichen BRIC-Ländern (BRIC = Brasilien, Russland, Indien und China) sehen Indien und China am besten aus, Indien vielleicht ein wenig besser als China. Von den anderen beiden sollte man besser die Finger lassen, bedenkt man wie gebeutelt sie von Korruption und versagender Unternehmensführung sind.

Manche Immobilienmärkte befinden sich mehr oder weniger im Aufschwung, die australischen Hauspreise sind auf sehr niedrige Zinssätze zurückzuführen, wobei im Laufe der letzten fünf Jahre Sydneys Hauspreise um fast 70 Prozent und Melbournes um 57 Prozent gestiegen sind. Es gibt alle Anzeichen für eine Blase, die spätestens dann platzt, wenn die Zinssätze zu steigen beginnen und die Nachfrage durch chinesische Anleger wegfällt. Das Gleiche gilt für die Immobilienmärkte in Hongkong, wo die Preise für Wohnungen seit 2008 um über 180 Prozent gestiegen sind. Die chinesische Zentralbank geht resolut gegen übermäßige Kreditvergabe durch Banken aus der zweiten Reihe vor und die Fähigkeit der normalen chinesischen Investoren, in der Monopolwelt von Hongkong mitzumischen, wird drastisch verringert, etwas, das noch verschlimmert wird, wenn die US-Dollar-Zinssätze wieder steigen.

Der fast verzweifelte Kampf, Erlöse aus Investitionen zu erzielen, hat dazu geführt, dass viele Banken, Institutionen und Fonds höhere Risiken eingegangen sind und in Schulden von Unternehmen und Ländern investiert haben, die sie andernfalls niemals in Betracht gezogen hätten. Reichlich Liquidität ist die einzige Antwort; dieser Meinung sind nicht nur die traditionellen Märkte, sondern auch der chinesische Finanzsektor. Vernünftige Kreditvergabe und wahrscheinlich wohlüberlegte Reserve-Positionen werden ignoriert, so dass die Anleger ihre Fondsmanager wieder genau beobachten müssen, um zu sehen, welche von ihnen risikoarme Strategien verfolgen und welche lediglich auf Erträge auf Kosten von Qualität aus sind. Es sollte erwähnt werden, dass die Zunahme an ertragsstarken Anleihen (in den 1980ern als Schrottanleihen bekannt) recht wahrscheinlich zu den ersten Opfern eines neuen Realismus gehören wird.

Der Markt für Multi-Vermögenswert-Investitionen hat begonnen, sich zu bewähren, besonders zu einer Zeit, in der Aktienschwankungen und dadurch die enthaltenen Risiken gestiegen sind. Die zunehmende Inflation und die steigenden Zinssätze, wenngleich nur langsam steigend, machen es für Investoren notwendig, neue Möglichkeiten zur Diversifikation aufzutun. Fonds, die in Aktien investieren, aber auch in Schulden mit festem oder schwankendem Zinssatz, Rohstoffe und Währungen, gehören alle in diese Kategorie, solange Fondsmanager in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie mit solchen Strategien umgehen können. Manche Ansätze, besonders solche, die nicht transparent sind, haben bedauerlicherweise komplett versagt – und genau deshalb ist es so wichtig, seinen Fondsmanager genau unter die Lupe zu nehmen.

2018 wird es in Deutschland Steueränderungen geben, die sich ein klein wenig auf Privatanleger auswirken werden, aber welche zusammen mit den neuen MiFID-II-Regelungen die Menge und Klarheit der Informationen, die von Zwischenhändlern und Fondsmanagern herausgegeben werden müssen, steigern werden. Das ist nichts, was einem Sorgen machen müsste, und wird hoffentlich die Gefahren von Fehl-Verkäufen an unguten Investitionen etwas abmildern. Die Tage von Fehl-Verkäufen an die alten und doofen (‘A&D’) Kunden durch deutsche Banken im Besonderen sind glücklicherweise gezählt.

Die globalen Aktienmärkte bergen noch immer ordentlich Potential, solange Investitionen vorsichtig und mit der angebrachten Bedacht und Analyse erfolgen. Diese Märkte werden zunehmend Schwankungen unterliegen, da die Institutionen nervös werden. Man kann einen plötzlichen Atomkrieg oder eine andere heftige Unstimmigkeit, zum Beispiel zwischen den USA und Nordkorea nicht aus der Rechnung herausnehmen, der unter den unerfahrenen “16-jährigen institutionellen Händlern” finanzielle Unstimmigkeiten hervorrufen würde, aber Krisen bei Bitcoin, Blockchain und den Technologie-Aktien werden eher nicht für einen folgenschweren Überraschungsmoment sorgen und eine totale Panik wie in 2007/2008 auslösen. Es zahlt sich aus, achtsam und vorsichtig zu sein.

Die vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite.

Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London.

(Townsend@insure-invest.de)

 Aus dem Englischen von Magdalena Mandl

John Townsend’s Anlagemeinungen Juni 2017

Henry Ford hatte recht. Wenn eine Volkswirtschaft florieren soll, müssen die Arbeiter in der Lage sein, die Produkte, die sie produziert haben, zu kaufen. Das gilt sowohl für globale als auch nationale Volkswirtschaften. – John Sweeney

 

Trotz all der Geschehnisse auf der politischen Bühne ist gerade jetzt ein hervorragender Zeitpunkt, um in Aktien zu investieren. Die Finanzkrise ist 10 Jahre her und die Unternehmen werfen wieder Profit ab und investieren. Der internationale und inländische Handel läuft wieder und es gibt keinen Grund mehr – wirklich gar keinen – weiterhin in Märkte mit festverzinslichen Wertpapieren zu investieren oder sein Geld auf der Bank zu lassen, wo die Erträge negativ sind. Investitionen in Immobilien zum Vermieten, die sich in oder nahe großer Städte befinden, sind ungeheuer teuer geworden, unglaublich unflexibel und daher keine profitable Alternative mehr.

Der, der am Lautesten schreit, hat meist am Wenigsten zu sagen. Die Vereinigten Staaten von Amerika verlieren unter Präsident Trump rasch ihre Glaubwürdigkeit als Weltmacht. Die Russen, Chinesen und Saudi-Araber, die die Erfahrung gemacht hatten, dass man sich die Freundschaft und Aufmerksamkeit von Herrn Trump ausgesprochen erfolgreich durch Schmeichelei erwerben kann, stellten jedoch bald fest, dass der Nutzen aus solcher Schöntuerei nur sehr kurzlebig ist. Herr Trump scheint ohne Würde alt zu werden; die Geschichte der Herzkönigin aus Alice im Wunderland („Ab mit dem Kopf!“) oder des Kaisers neue Kleider von Hans Christian Anderson, wo die Höflinge zu viel Angst haben, dem Kaiser zu sagen, dass er nackt ist, passt hier gut. Und dann gibt da es noch die Tragödie von Julius Caesar (ein Stück von Shakespeare), wo der herrische und arrogante Caesar von seinen Höflingen ermordet wird. Jedes dieser Werke weist Parallelen mit dem aktuellen „Hofstaat“ von Trump auf. Die Auswirkungen davon auf die Außenwelt sind allerdings nur gering.

Herr Trumps Ankündigung, die Vereinigten Staaten von Amerika beabsichtigten aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, hat viel damit zu tun, dass diese Vereinbarung von seinem Vorgänger Obama verhandelt und unterzeichnet wurde. Es ergibt wirtschaftlich und sozial überhaupt keinen Sinn, aus dem Abkommen auszutreten; ganz im Gegenteil, dieser Schritt lässt zu, dass andere Länder die Lücke, die wirtschaftlich und führungstechnisch durch den US-amerikanischen Austritt entsteht, ausfüllen.

Der US-Präsident hat seine Wahl dem Populismus zu verdanken. Das Ergebnis ist enttäuschenderweise alles andere als populistisch; von den bisher vorgeschlagenen Maßnahmen profitiert ausschließlich die amerikanische Elite. Die nächste große Frage ist, wie die Wahlen in der Mitte seiner Amtszeit die Unterstützung für oder den Druck gegen diesen Präsidenten beeinflussen werden und ob die US-Politiker die Gelegenheit ergreifen und schon vorher auf einen Wechsel an der Spitze bestehen.

Innerhalb des mittelalterlichen Hofstaats des Präsidenten in Washington scheint es insofern Chaos zu geben, dass vom Präsidenten spontan per Twitter politische Aussagen getroffen werden, auch wenn diese den Aussagen und Anstrengungen seiner Minister genau widersprechen. Viele der höheren Regierungspositionen bleiben unbesetzt und es gibt zahlreiche Geschichten über Wutanfälle und Ausraster in den Führungsetagen. Die Politik wird nicht im Weißen Haus gemacht. Einzelne Mitglieder des Senats müssen einfach den richtigen Moment erwischen, um ihre Maßnahmen dem Präsidenten oder seinem Zirkel enger Berater zu präsentieren. Letztendlich passiert allerdings nur wenig oder gar nichts.

Präsident Trump hat in seiner Amtszeit noch keine einzige Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Sein Ziel scheint in erster Linie zu sein, die Maßnahmen seines Vorgängers Präsident Obama rückgängig zu machen. Dafür braucht er allerdings die Unterstützung der gesamten Republikanischen Partei – und die hat er schlichtweg nicht. Im Ausland scheint der Höhepunkt gewesen zu sein, als Donald Trump nach seiner Ankunft in Saudi-Arabien vom saudischen König eine große glänzende Medaille verliehen wurde. Anschließend wurde im Prinzip eine Vereinbarung für einen 10-jährigen Waffenvertrag im Wert von 110 Milliarden Dollar unterzeichnet, der gegenwärtig vom Ausschuss für ausländische Beziehungen des Senats blockiert wird, der seine Zustimmung verweigert.

Letztendlich zählt für Investoren nur die Tatsache, dass die US-Wirtschaft gut dasteht und die US-Unternehmen Profit abwerfen. Es hat circa 10 Jahre gedauert, bis die Industrie und der Bankensektor sich von der Marktpanik von 2007 bis 2009 erholt hatten.

Die Niederlage des sogenannten Islamischen Staats oder Daesh in Syrien und dem Irak hat wenig wirtschaftliche Auswirkung, aber es sind mehr Emotionen im Spiel. Im Jahr 2013 wurde in Mossul von Abu Bakr al-Baghdadi – das ist das Pseudonym von Ibrahim Awad Ibrahim al-Badri – ein Kalifat (oder Territorium unter einem islamischen Verwalter) ausgerufen, mit sich selbst als Kalif. Vor seiner endgültigen Niederlage befahl Al-Baghdadi den Daesh-Anhängern, ihre eigenen Kalifate bestehend aus ein, zwei oder drei Personen zu gründen, wo immer sie sich auf der Welt auch befänden. Diesen wurde der Befehl erteilt, Gesellschaft dort, wo sie sich befinden, zu zerstören. Als Waffe ist alles erlaubt, was zur Hand ist. Speziell erwähnt wurden Fahrzeuge, Bomben und Messer. Es werden nur sehr wenige junge Männer und Frauen dem Aufruf folgen, aber manche haben es schon getan und andere werden es noch tun, und die Sicherheitskräfte werden alle Hände voll zu tun haben, besondere Ziele zu überwachen; im Übrigen ist das Hauptziel, die westliche Gesellschaft empfindlich zu treffen.

Der Mythos der arabischen Bruderschaft in der Golfregion wird in Katar offensichtlich, wo das Land von seinen konservativen sunnitischen Nachbarn unter Führung von Saudi-Arabien isoliert und unter Druck gesetzt wird. Ziel ist es, Katar dazu zu zwingen, die Kommunikation mit dem schiitischen Iran abzubrechen und die Freiheit der mehr oder weniger unabhängigen Presse einzuschränken. Die Saudis wurden ermutigt durch die Rückendeckung, die ihnen, wie sie glauben, vom US-Präsidenten mit Unterstützung seines Schwiegersohnes Jared Kushner versprochen wurde, wie kurzlebig diese auch sein mag.

Auch in Europa bietet die Wirtschaft ein positives Bild. Trotz Brexit weisen viele europäische und britische Unternehmen eine erhöhte Profitabilität auf, expandieren und schütten sogar Dividenden aus, was noch besser ist, um die Nachfrage der Investoren nach Risikoaktiva mit positiven Erträgen zu befriedigen. Es gibt wieder wirtschaftliches Wachstum, wenn auch nur teilweise in Deutschland, und in Frankreich ist es unter dem neuen Präsidenten Macron zu erwarten. Unternehmerische Effizienz verbessert sich, wobei die Kosten gering gehalten werden. Das gegenteilige Extrem ist in Italien und Griechenland zu beobachten: Der Druck nach oben bei Gehaltskosten verstärkt die schlechte Konkurrenzposition der Länder zusätzlich. Des Weiteren sind die Bankensysteme von Italien und Spanien in einem sehr prekären Zustand. Diese schwierige Situation kann nur durch eine zweigeteilte europäische Wirtschaft mit zwei separaten Währungen gelöst werden. Außerdem sorgt die anstehende italienische Wahl für Unsicherheit, wo eine populistische und anti-europäische Partei an Stärke gewinnt und nicht ignoriert werden kann.

Im Vereinigten Königreich steht die gegenwärtig regierende konservative Partei nach einer sinnlosen und unglaublich schlecht durchgeführten vorgezogenen Parlamentswahl mit einer Minderheitsregierung da, die im Moment von einer kleinen nordirischen Partei unterstützt wird. Die aktuelle Premierministerin Frau May hat sich gründlich ins eigene Bein geschossen und wird vermutlich nicht mehr viel länger als bis zur Parteiversammlung im Herbst im Amt sein, wo von ihr erwartet werden wird, „das Richtige zu tun“. Und das ist nicht alles: Die aktuelle Regierung ist voll von Charakteren, die man eigentlich im Kindergarten erwarten würde. Auf der anderen Seite wäre es eine Katastrophe, dem Anführer der linksgerichteten Labour Party zu erlauben, das Land mit populistischen Botschaften, die überhaupt keinen wirtschaftlichen Sinn ergeben und sich auf nicht existentes Geld zu gründen scheinen, zu lenken. Frau May hat das Land mit ihrer erstaunlichen Talentfreiheit ins Chaos gestürzt – und zwar zu einer Zeit, wo es sich darauf konzentrieren sollte, wenigstens einen halbherzigen Ausstieg aus der EU zu verhandeln.

Die konservative britische Regierung muss nun die britische Industrie und den Finanzsektor unterstützen – etwas, das sie bei ihren politischen Machenschaften bisher ignoriert hat. Die britische Wirtschaft ist noch immer überraschend stark, aber bei der bedauerlich schwachen Regierung besteht trotzdem Grund zur Sorge.

In China vollziehen sich kleine aber wichtige Veränderungen. Die chinesische Zentralbank geht rigoros dagegen vor, dass Kapital zum Zweck von Auslandsinvestitionen exportiert wird. Gleichzeitig übt sie Druck auf die inländischen sekundären Finanzmärkte aus. Es wird ein Wachstum des chinesischen BIP von zwischen 6,5 und 6,7 % im aktuellen Jahr erwartet.

In der chinesischen Politik gibt es zwei wichtige Entwicklungen. Die erste ist die „Belt and Road“-Initiative, eine Entwicklungsstrategie, die 2013 vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping vorgeschlagen wurde. Der Wirtschaftsgürtel Seidenstraße und die maritime Seidenstraße konzentrieren sich auf die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Europa und Asien sowie die über die Ozeane führenden Lieferrouten, Chinas Quelle für notwendige Importe. „Belt and Road“ ist ein langfristiges Projekt und ist Dank der chinesischen Tradition des langfristigen Führungsstils möglich.

Die Infrastruktur-Initiative umfasst hauptsächlich Asien und Europa, aber auch Australasien und Ostafrika; es sollen bis zu 8 Billionen US-Dollar investiert werden und wird sicherstellen, dass China die notwendigen Rohstoffe für seinen Industriesektor importieren kann und die notwendigen Transportmöglichkeiten hat, seine Industrieprodukte zu exportieren. Politik beiseite, die chinesische Industrie hat eine positive Zukunft vor sich.

Die Wirtschaftskrise von 2007 bis 2009 ist vorbei, die globale Wirtschaft hat sich erholt und Unternehmen florieren aus gutem Grund. Es ist absolut nicht sinnvoll, in Regierungsanleihen zu investieren oder sein Geld bei den Banken zu lassen, die entweder negative oder nur sehr geringe Zinssätze zahlen, nicht kundenfreundlich sind und reformiert gehören. Die einzige wirkliche Alternative für private Anleger ist, in sehr sorgfältig ausgewählte Aktien zu investieren, mit der Hilfe von Fondsmanagern, die sich in den Bereichen Risikomanagement und sinnvoller Märktediversifizierung bewährt haben.

Die vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.

John Townsends Anlagemeinungen September 2016

Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens – Friedrich Schiller, deutscher Dramatiker (1759 – 1805)

Im globalen Wirtschaftsmarkt ist allerhand los. Vieles ist von Bedeutung, aber nur wenig wirkt sich unmittelbar auf die Art und Weise aus, wie institutionelle Händler denken und handeln.

In China entwickelt sich die Wirtschaft von einer durch Investitionen in die Infrastruktur getriebenen in eine verbraucherbasierte Wirtschaft. Die wirtschaftliche Wachstumsrate geht zurück und Kredite von regulären und kleineren Banken sind sehr gefragt. Dass das ehemals unglaublich hohe Wirtschaftswachstum sinkt, ist nichts Neues. Viele halten die Daten für unglaubwürdig, da die Zahlen von der Regierung vorgegeben werden. Allerdings gibt es auch mit einem realen Wachstum von 3 % anstelle der offiziellen 6 % noch immer viele Investmentmöglichkeiten im Inland außerhalb des Regierungssektors mit guter Unternehmensführung. Ein guter Fondsmanager macht diese ausfindig und meidet die Banken, von denen sich viele durch ungeschickte Kreditvergaben auf dem Weg der Selbstzerstörung zu befinden scheinen, weil sie fälschlicherweise davon ausgegangen sind, dass der Staat ihnen aus der Patsche helfen würde. Chinas Importverhalten verändert sich auch, da die Importe verbraucherabhängig erfolgen und nicht mehr hauptsächlich Baumaterial und Rohstoffe eingeführt werden. Es ist nicht so, dass die Nachfrage nach Stahl, Energie und Rohstoffen versiegen wird, sondern eher so, dass die Nachfrage danach zugunsten anderer Importe zurückgeht.

Nachdem der Brexit zwei Tage lang zu Unsicherheit an den Anlagenmärkten geführt hatte, waren seine Auswirkungen bald nicht mehr spürbar. Die Lage beruhigte sich schnell wieder. Die Botschaft der Wortführer der schwächeren Länder und der Bürokraten, die faktisch das Heft der Europäischen Union in der Hand halten, Großbritannien solle schnell und leise austreten – und sich damit ins eigene Fleisch schneiden – wurde ignoriert. Europa hat jetzt die Gelegenheit, Veränderungen innerhalb der Union durchzusetzen, allerdings immer die Tatsache vor Augen, dass es unwahrscheinlich ist, zu einer Entscheidung zu kommen. Dass das passiert, ist unwahrscheinlich. Bei dem kürzlich stattgefundenen Treffen in Bratislava, wo die Zukunft Europas diskutiert wurde, wurden einige Vorschläge gemacht. Einer überstrahlt alles als erschreckend opportunistisches und deprimierend unrealistisches Beispiel. Frankreich schlägt vor, ein vereintes europäisches Hauptquartier zu haben (vermutlich in Frankreich), das eine europäische Militärstreitmacht befehligt, die die europäische Regierung unterstützen würde. Das ist natürlich ein interessanter Vorschlag von dem einzigen europäischen Land, das ein modernes Heer aufstellen kann, und nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs (neben Griechenland und Polen) einem der drei verbleibenden Länder, das den Mindestausgaben von 2 % des BIP für die Verteidigung entsprochen hat. Das Hauptproblem bei dieser Idee ist, dass jegliche gesamteuropäische Entscheidung, einschließlich eines Militäreinsatzes, so viel Zeit beanspruchen würde, dass jeder Krieg längst verloren wäre, bevor überhaupt erst einmal die Entscheidung zum Kampf gefallen wäre. Solch eine Kraft verliert ihre Bedeutung, weil ihre politischen Anführer, jeder seine eigenen politischen Interessen im Blick, niemals freiwillig einer schlüssigen Entscheidung zustimmen würden. Die Reformvorschläge, die in Gliederungsform in Bratislava vorgebracht wurden, sind dafür ein wunderbares Beispiel. Es ist unwahrscheinlich, dass sich alle Länder diesbezüglich einigen werden, daher sind sie faktisch sinnlos.

Unter den europäischen Staaten herrscht noch immer ein deutliches Ungleichgewicht. Da sind die nördlichen Staaten mit Deutschland an der Spitze, für die der Euro als Währung zu schwach ist, und die südlichen Staaten mit Frankreich an der Spitze, für die der aktuelle Euro gegenüber den Weltwährungen wegen der jeweiligen internen Probleme und der daraus resultierenden wirtschaftlichen Schwäche zu stark ist. Das kann langfristig nicht weiter so durchgewurstelt werden und das Ergebnis wird ein zweigeteiltes Europa mit unterschiedlichen Währungen und unterschiedlichen wirtschaftlichen Strategien sein. Wenn man eine schnelle Maßnahme möchte, und nicht nur einen schnellen Brexit, sollte man einen klaren und schnellen Nord-Süd-Schnitt in Struktur und Politik der Wirtschaftsunion vornehmen. Eine Entfernung sich überschneidender Bürokratieangelegenheiten könnte einen zusätzlichen Vorteil bringen.

Auch in Deutschland ist die Bürokratie spürbar. Die ehemalige deutsche Gesundheitsministerin Andrea Fischer stellte fest, dass sie ein Problem mit den vier permanenten Ministerialräten bzw. -rätinnen ihres Ministeriums hatte, als sie 1998 ihr Amt antrat. Sie entließ schnell drei von ihnen, aber in einer kürzlichen Rede gab sie an, dass die verbliebene Person ihr Tun genauso bestimmte, wie es die anderen drei getan hätten. Sie legte ihr Amt 2001 nieder. Es ist klar, dass die Marotten einer ungewählten Bürokratie, ohne Bezug zu den politischen Entscheidern, die Ausführung der deutschen Politik prägen. Dies zieht sich kreuz und quer durch die deutsche Gesellschaft und es liegt dann bei den deutschen Gerichten zu entscheiden, welche Politik beabsichtigt war und was die Gesetze tatsächlich bedeuten.

In den USA steht die Präsidentenwahl an. Beide Kandidaten sind sehr unbeliebt bei der Bevölkerung; das macht diese Wahl besonders interessant. Wahrscheinlich wird der weniger unbeliebte Kandidat gewinnen. Es gibt die Vermutung, dass es gegenüber beiden Kandidaten so viel Abneigung gibt, dass viel mehr unentschiedene Wähler als üblich zum Wählen gehen werden.

Unter der demokratischen Kandidatin wird es wahrscheinlich nur sehr wenige Veränderungen der aktuellen Politik geben. Der republikanische Kandidat dagegen hat weitreichende Veränderungen versprochen, wobei nicht alle ehrlich, logisch oder machbar sind. Man muss sich klar sein, dass in Amerika die Bürokratie, genauso wie in Deutschland, die Umsetzung der Politik verwässern oder verändern kann.

Die US-Wirtschaft erholt sich und amerikanische Unternehmen legen an Profitabilität zu. Jetzt scheint ein sehr guter Zeitpunkt zu sein, um von europäischen Aktien in die US-Märkte zu wechseln. Bis allerdings der Ausgang der US-Wahl feststeht, sollte man sich im Moment besser noch gedulden.

Risiko und der richtige Umgang damit ist jetzt absolut essentiell. Dort, wo die traditionellen Märkte mit festverzinslichen Papieren negative Renditen hervorbringen, ist es verlockend, in bisher unbekannte Bereiche wie die Schwellenmärkte und Unternehmensanleihen mit viel niedrigeren Risiko-Ratings zu diversifizieren, als die meisten Anleger vorher erlebt bzw. in Erwägung gezogen hatten. Tatsächlich können viele Unternehmen Anleihen unterm Strich ohne Kosten ausgeben und machen das in aller Seelenruhe. Diejenigen, die in solche Anleihen investieren, werden aber nicht für das Risiko, das sie eingehen, belohnt. Es besteht die Gefahr zu glauben, dass die Situation immer so bleibt, und dass daher entsprechend gehandelt bzw. nicht gehandelt wird. Das wird nicht der Fall sein. Das alte Sprichwort „Die Zeit bleibt nicht stehen“ wird sich definitiv irgendwann bewahrheiten. Fondsmanager mit Analysten, die geringere Risiken einschätzen können und entsprechende Entscheidungen treffen, können die unausweichlichen künftigen Probleme mit Anleihen von Unternehmen, die auf der Strecke bleiben, umschiffen.

Es spricht allerdings viel dafür, in die Aktien derselben hochkarätigen Unternehmen zu investieren, wo die Erträge, zusammengesetzt aus Preissteigerungen und Dividenden am Aktienmarkt, zumindest eine annehmbare Rendite liefern. Auch hier sind das Können des Management-Teams und eine breite Risikoverteilung immens wichtig.

Blickt man in die Zukunft, sieht man Branchen, die nach einem langen weltweiten wirtschaftlichen Rückgang wieder aufblühen. Denken Sie nur zum Beispiel an die effizienten Förderer von Öl und Rohstoffen. Ein gesteigertes Verbrauchervertrauen zieht eine gesteigerte Nachfrage nach sogenannten Ressourcen der nächsten Generation nach sich, wie Lithium, Akkuherstellung, erneuerbare Energie sowie Beschichtungs- und Verpackungsunternehmen. Das sind hochspezialisierte Betriebe und bedürfen einer gründlichen kompetenten Analyse. Aber sie bergen großes Potenzial.

Die Hauptopfer der wirtschaftlichen Veränderungen und der Null- oder Negativzinssätze sind die Banken, die mit ihrer Kreditvergabe keinen Profit erwirtschaften können, wenn die Konkurrenz aus anderen Kreditgebern die Zinsraten auf effektiv Null drückt. Viele Fonds der größeren Fondsmanagementunternehmen hatten und haben noch immer einen Puffer aus Bankaktien. Sie leiden gerade sehr und der gesamte Sektor lechzt nach einer Generalüberholung. Es wird bereits ein Rettungsplan für mindestens eine italienische Bank entwickelt, auch wenn das den europäischen Regelungen widerspricht. In Italien werden Regelungen, denen in den nördlichen Ländern normalerweise strikt entsprochen wird, (fast ungestraft) so hingebogen, wie es gerade nötig ist, um die jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Bedürfnisse zu erfüllen.

Japanische und westliche Zentralbanken halten an ihren Zinssätzen (dem Satz, zu dem die Zentralbank kommerziellen Banken Geld leiht) von Null Prozent seit beträchtlicher Zeit fest. Diese Maßnahme begann in Japan 1992 und wurde dann 2008 auch von der amerikanischen Zentralbank ergriffen, um den wirtschaftlichen Kollaps abzuwenden. In Europa zog die EZB im März 2016 nach. Der Null-Zinssatz sollte ursprünglich als Notfallmaßnahme zur Erhaltung der Liquidität der Banken dienen. Wie das so oft der Fall ist mit Notfallmaßnahmen, klammert man sich sehr fest an sie, auch wenn sie ihre Schuldigkeit getan haben. Gleichzeitig gibt es von der US-Notenbank, der EZB, der Schweiz, Schweden und der Bank of England Maßnahmen zur quantitativen Lockerung (Quantitative Easing Programs), im Zuge derer Anleihen hoher Qualität von den kommerziellen Banken gekauft werden, um mehr Geld in die jeweiligen Konjunkturen zu pumpen. Solche Cash-Spritzen sollten die Investitions-Nachfrage in die Höhe treiben und die Inflationsraten von gegenwärtig fast Null auf gesündere zwei Prozent anheben. Dieser Effekt blieb aus und hat bei den Zentralbanken zu aufgeblasenen Bilanzen und häufig fragwürdigen Vermögenswerten geführt. Die Hoffnung, die Konjunkturen damit in die richtige Richtung zu lenken, wurde enttäuscht. Was bleibt, ist die Furcht vor der Unsicherheit unter den Anlegern. Die Notmaßnahmen wurden fortgesetzt und werden unvermindert fortgesetzt werden, bis jemand irgendwo mit einer besseren Idee aufwarten kann.

Das Ergebnis ist, dass Investitionen in festverzinsliche Wertpapiere, die von so vielen Einrichtungen gebraucht werden, um ihre Verpflichtungen in Zukunft erfüllen zu können, jetzt einen Ertrag von Null oder sogar im Negativbereich haben. Versicherungsunternehmen müssen dafür zahlen, ihren Verpflichtungen nachzukommen und können das bei dem aktuellen Tiefstand und den faktisch negativen Erträgen bei ihren Investitionen nicht. Investoren, sowohl institutionelle als auch im Einzelhandelsbereich, müssen bei ihren Investitionen mehr Risiko eingehen, um höhere Erträge zu erzielen. Die Befürchtung ist wieder einmal, dass viele Anleger nicht wirklich verstehen, was es bedeutet, höhere Risiken einzugehen. Ihre nervöse Reaktion auf schlechte Nachrichten an den Märkten bedeutet, dass Anleihen und, zu einem geringeren Ausmaß, Aktien plötzlich in großen Mengen abgestoßen werden, fast egal zu welchem Preis, wenn Computer, die nicht dazu programmiert sind, Risiken zu verstehen, eine Verkaufsaufforderung anzeigen.

Was bedeutet das für den privaten Investor? Die sicheren Anlage-Häfen von einst gibt es nicht mehr. Nicht nur werden einige Lebensversicherungsunternehmen ihre garantierten Zahlungen nicht mehr leisten können und vielleicht werden sie auch Zahlungen gemäß den Policen mit garantierten Zinsraten nicht nachkommen können; die um sich greifende Massenflucht in bislang unbekannte Anlagemärkte, wie die Schwellenmärkte, in dem Versuch, die Erträge zu verbessern, hat außerdem zu weit verbreitet niedrigen Anleihepreisen in diesem Sektor geführt. Einige gut verwaltete Fonds, wie die von Nordea, haben einen massiven Zufluss aus institutionellen und andere Geldern in Form von Fondsgeld gesehen und mussten weiteren Investitionen einen Riegel vorschieben. Die Tatsache, dass es sich dabei um „Hot Money“ handelt und schnell wieder verschwinden könnte, wie das mit den Immobilienfonds in Deutschland 2011 passiert ist, sollte klar sein.

Es gibt keine realistische Alternative zur Investition in Aktien (entweder durch Kapitalfonds oder als Teil von Mischfonds). Das Ziel muss der Aufbau eines sorgfältig diversifizierten Portfolios aus gut verwalteten Fonds sein, um für die vielen Veränderungen, die unweigerlich in der nahen und mittelfristigen Zukunft eintreten werden, gewappnet zu sein.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite.

Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London.

(Townsend@insure-invest.de)

 

Aus dem Englischen von Magdalena Mandl

Als die Welt etwas mehr in Ordnung war als jetzt

John Townsends Anlagemeinungen – Mitte Juni 2016

Darauf gibt es keine Antwort. Darauf wird es keine Antwort geben. Darauf hat es noch nie eine Antwort gegeben. Das ist die Antwort. Gertrude Stein, amerikanische Schriftstellerin 1874–1946

Die Panik, die die Aktienmärkte Ende 2015 ergriff, erreichte ihren Tiefpunkt am 11. Februar 2016. Keiner nahm Notiz davon, weil auf den Märkten die Angst noch immer so greifbar war, dass sie sowieso noch gelähmt waren. Die Panik entbehrte jeder Logik – es gab einfach eine Reihe scheinbar außergewöhnlicher Ereignisse, die ihren Teil dazu beitrugen, wie der niedrige Ölpreis (der eigentlich positiv zu sehen war), Chinas abflauende Wirtschaft, Terroranschläge, die EU-Flüchtlingskrise, die Unruhen in der Ukraine, die Tatsache, dass sich in Syrien plötzlich de facto Sunniten und Shiiten bekriegen und die sinkenden Beschäftigungszahlen in den USA. Der MSCI in Euro fiel um 12 %, der DAX um ungefähr 16 %. Die Griesgrame, die früher vielleicht geraten haben, dass die Märkte einbrechen werden, gelten jetzt als Profi-Propheten. Ich bin nicht der Meinung, dass die Märkte sich im Abschwung befinden, sondern dass sie empfindlich auf Schwankungen reagieren, insbesondere weil den niedriger werdenden Preisen keine wirkliche Logik zugrunde lag. Sie waren fast ausschließlich das Ergebnis von Emotionen und Angst. Außerdem darf man die nationalen Konjunkturen nicht mit Aktienmärkten und gut verwalteten Fonds durcheinanderbringen. Ein guter Fondsmanager findet auch bei einer etwas prekären Konjunkturlage gute Möglichkeiten.

China ließ seine Währung, den Renminbi Yuan (RMBY), letztes Jahr floaten. Zur gleichen Zeit verursachte die Entscheidung des chinesischen Zentralkommittees, die chinesische Wirtschaft von einer Wirtschaft, die von Investitionen in die Infrastruktur lebt, in eine Wirtschaft, deren Motor die Verbrauchernachfrage ist, zu ändern, unweigerlich eine Veränderung der Wirtschaftswachstumsrate. Aber da die chinesischen Wachstumszahlen sowieso zum Großteil künstlich waren, hätte der Effekt minimal sein und darauf hoffen lassen sollen, dass die Welt außerhalb Chinas eines Tages endlich mal echte Zahlen zu sehen bekommt. Es steht außer Frage, dass die chinesische Wirtschaft noch immer sehr groß ist und weiter wächst. Die Nachfrage nach Verbrauchsgütern aus dem In- wie auch Ausland steigt. Ein schwächerer RMBY verteuert außerdem Importe, was das Wachstum von inländischen Zulieferern begünstigt.

Europa taumelt von einer Krise in die nächste. Die Möglichkeit, dass Großbritannien die Europäische Union verlässt (der sogenannte Brexit) hat für Unruhe gesorgt – und tut es noch. Wieder sind es die Experten und Meinungsforscher, die die größte Freude daran haben, Vorhersagen bezüglich des Brexit zu machen. Manche dafür, manche dagegen. Die britische Regierung, deren herrschende konservative Partei tief gespalten ist, trägt nicht gerade zu einer Verbesserung der Situation bei. Die in der Opposition befindliche Labour-Partei ist zwar theoretisch für einen Verbleib in der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, aber unter ihrer neuen und unfähigen Führung (Vorgabe einer konstanten Linie? Fehlanzeige!) orientierungslos. Buchmacher und Wettbüros sind (mit knapper Mehrheit) dafür, dass Großbritannien in der EU bleibt, aber am 23. Juni, dem Tag der Entscheidung, werden die Expertenmeinungen der Realität angepasst werden müssen. Es sind die älteren Generationen, die von ihren Sesseln aus den Brexit verlangen; die jüngere Generation ist viel pro-europäischer eingestellt und wird von Großbritanniens Verbleib in der EU am meisten profitieren, aber viele junge Menschen sind entweder noch nicht stimmberechtigt oder gehen aus unbekannten Gründen nicht zur Wahl. In der Zwischenzeit werden die Investmentmärkte weiterhin schwanken, aber nach der Wahl werden die Märkte sowohl im Vereinigten Königreich wie auch in einem stabileren Europa Möglichkeiten für Investments bieten.

Die EZB-Maßnahmen haben dazu geführt, dass Zinssätze und Erträge aus Anleihen in noch nie dagewesene Tiefen gestürzt sind. Deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit sind jetzt sehr begehrt, trotz der Tatsache, dass die Erträge gerade stetig im negativen Bereich liegen. Argumentiert wird damit, dass die Käufer der Anleihen sowieso nicht erwarten, die Anleihen bis zur Fälligkeit zu behalten, sondern nur einen sicheren Hafen brauchen, bis die allgegenwärtige Unsicherheit obsiegt. Anleihenfondsmanager nehmen jetzt höhere Risiken in Kauf, um höhere Erträge zu erzielen, arbeiten aber immer noch innerhalb des Investment-Grade-Bereichs BBB. Durch Investitionen in Unternehmensanleihen, von denen viele in jedem Fall höher bewertet sind als so manche europäische Regierung, und die Auswahl verschiedener Fälligkeiten innerhalb ihrer Portfolios können die Fondsmanager die Stabilität ihrer Erträge absichern.

In den USA hat die US-Notenbank begonnen, ihre Zinssätze zu heben. Zunächst war das nur eine symbolische Geste, lediglich eine signalisierte Absicht, und es kommt sicher noch mehr. Europa ist unweigerlich ein bisschen hinten dran im Vergleich zu den USA, indem es weiterhin sein Aufkaufprogramm von Investment-Grade-Anleihen von europäischen Banken ausweitet. Es scheint, dass hauptsächlich die Banken (und folglich die Regierungen) der schwächeren Länder in Südeuropa von den Liquiditätsmaßnahmen der EZB profitieren. Die nordeuropäischen Banken, auch wenn es ab und zu Ausbrecher gibt, brauchen diesen Stimulus nicht, noch brauchen ihn die nordeuropäischen Regierungen.

Die unheimlich niedrigen Zinssätze haben einige Anleger dazu ermutigt, in Häuser zu investieren, nicht als eigenen Wohnraum, sondern um sie als Geldanlage zu vermieten. Aber Vorsicht! Selbst Häuser in vernünftigem Zustand außerhalb der größten Städte können nicht – beim besten Willen nicht – einen Ertrag erbringen, der vergleichbar ist mit Erträgen auf den Märkten, selbst wenn sie wie bei den zehnjährigen Regierungsanleihen negativ sind. Man muss die Kosten für den Erwerb berücksichtigen (ca. 10 % des Einkaufspreises), die Tatsache, dass die Preise in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich nicht bemerkenswert steigen werden, die Tatsache, dass alle Gebäude auf Kosten des jeweiligen Eigentümers in Stand gehalten werden müssen, und auch, dass es unweigerlich Zeiten geben wird, in denen die Immobilie leer steht. Diese Faktoren schmälern die Erträge aus vermieteten Immobilien so sehr, dass ein sorgfältig ausgeglichenes Fondsportfolio einen viel höheren Ertrag bringt.

Wieder einmal wird rege über Gold diskutiert. Der Marktzusammenbruch der vergangenen Jahre hat zu neuer Disziplin geführt, wodurch unprofitable Minen und auch Minenunternehmen geschlossen wurden sowie weniger schlecht durchdachte Investitionen in neue Minen stattfinden. Eine gewisse, aber kleine Menge physischen Goldes – in veräußerbarer Form – könnte man als Absicherung gegen Katastrophen in Betracht ziehen, solange es irgendwo aufbewahrt wird, wo es einerseits vor Diebstahl sicher ist, aber andererseits Investoren darauf zugreifen können, wenn es zu einer echten Krise kommt. Banken als Aufbewahrungsort sind nicht ideal, weil anzunehmen ist, dass sie gut verschlossen sind, wenn es wirklich zur Katastrophe kommt.

Anleger sollten in erster Linie auf ein breitgefächertes Portfolio achten. Es gibt viele Fondsmanager, die geschickt vernünftige Aktienanlagen auftun, aber diese Investments sollten mit gut verwalteten Anleihefonds ausgeglichen werden. Anleger sollten außerdem Mixed-Strategy-Fonds in Erwägung ziehen, die die Aktien- und Anleihemärkte sowie Absolute-Return-Fonds umfassen, wo der Ertrag nicht notwendigerweise mit den Marktbewegungen zusammenhängt.

Seit die Märkte so schwanken, sind viele neue Fonds und Strategien aus dem Boden geschossen. Diese neuen Produkte sind nicht alle so gut durchdacht, dass sie es wert sind, in Erwägung gezogen zu werden – und viele werden nicht überleben. Wenn man Fonds für ein gut diversifiziertes Portfolio auswählt, sollte man sich daher nur von Fondsmanagern beraten lassen, die nachweisen können, dass sie seit mindestens drei Jahren erfolgreich Risiken managen, und zwar auch in schlechten Marktzeiten.

Es wird viel Wind um die bei einem Fonds anfallenden Kosten gemacht (die Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio) oder TER) und der Tatsache, dass Fondsmanager die Frechheit besitzen könnten, sich selbst zu viel zu bezahlen, manchmal einschließlich Erfolgshonoraren. Das ist Unsinn. Fonds sollten ausschließlich auf Grundlage der Netto-Erträge für Investoren ausgewählt werden, über eine längere Zeit im Vergleich zu den Konkurrenten und der Fähigkeit des Managers mit Risiken umzugehen. Ein erfolgreicher Fondsmanager hat sich seinen Anteil redlich verdient, solange der Investor Nutzen aus dessen Arbeit zieht. Fonds, die in Bezug auf Ertrag und Risiko aus dem oberen Fünftel ihrer Wettbewerbergruppe herausfallen, sollten sowieso nicht als Investment ausgewählt werden, und falls sie Teil des Portfolios sind, sollte man über deren Austausch nachdenken.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite.
Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London.
(Townsend@insure-invest.de)

Aus dem Englischen von Magdalena Mandl

Die chinesische Grippe kann ansteckend sein

Hört auf, China die Schuld zu geben; wir haben es den Chinesen schließlich vorgemacht. – Tom Galey, Professor der Wirtschaftswissenschaften

Die chinesische Grippe kann ansteckend sein

An den Aktienmärkten spielt oft die Marktstimmung eine genauso große Rolle wie die Logik. Die Stimmung dort in den letzten Tagen war panisch – oder zumindest nahe daran. Das hat kaum oder gar nichts mit Griechenland oder der bevorstehenden Zinssatzerhöhung der US-Notenbank zu tun, sondern es ist eher so, dass die chinesische Regierung Emotionen ausgelöst hat, die vollkommen unerwartet und unbeabsichtigt waren.

Die chinesische Zentralbank hat – ermutigt durch den internationalen Währungsfonds und somit der US-Regierung – begonnen, die chinesische Währung, den Renmimbi Yuan bzw. RMBY frei floaten zu lassen. Das bedeutete unweigerlich, dass der RMBY-Wert zunächst gegenüber anderen internationalen Währungen fiel; das Ergebnis ist eine große Angst unter den Anlegern. Die Chinesen möchten, dass der RMBY eine Reservewährung wird, wie der US-Dollar, der Schweizer Franken und (teilweise) der Euro. Dieses Streben hat meiner Meinung nach mehr mit Prestige als Logik zu tun.

Gleichzeitig verzeichneten die Aktien, die auf den chinesischen Inlandsaktienmärkten in Shanghai und Shenzhen gehandelt werden (die „A“-Aktien), große Kurseinbrüche. Inländische chinesische Investoren – die einzigen, die in diese Aktien investieren durften – hatten Aktien häufig mit Margins gekauft, bei denen der Restbetrag des Kaufpreises als Darlehen aufgenommen wurde. In einem aufsteigenden Markt kann das positiv sein, bei absteigenden Märkten dagegen verheerend. Die chinesische Zentralbank ist dazu übergegangen, die extravagante Verleihpraxis an ihre Inlandskunden zu verringern, war allerdings jetzt gezwungen die Zinssätze zu senken als Zeichen dafür, dass sie die Binnenwirtschaft unterstützt. Außerdem diente diese Aktion dazu, die Neuigkeit zu verbreiten, dass die chinesische Wirtschaft 2015 vermutlich „nur“ um ca. 6 % wachsen wird.

Auch so reduziertes Wachstum würde unter anderen Umständen als gut empfunden werden; aber der wackelige Markt, den die Veränderungen innerhalb Chinas nicht im Geringsten verstehen, hat kalte Füße bekommen.

Infolgedessen hat der internationale chinesische Aktienmarkt (die „H“-Aktien), deren Aktien in Hongkong gehandelt werden, Verluste erlitten, allzu oft durch panische Investoren aus Übersee, die den Unterschied zwischen den beiden Märkten nicht verstehen.

China entwickelt sich bewusst von einer Wirtschaft, die durch Investitionen in die Infrastruktur angetrieben wird, in eine Wirtschaft, deren Motor die Verbrauchernachfrage ist. Das ist nachvollziehbar und richtig, aber die Veränderung an sich wird, bevor sie abgeschlossen ist, zu einem anderen Wachstumsmuster der Wirtschaft führen.

Die Belastungen, die von China ausgehen, haben auch die internationalen Aktienmärkte beeinträchtigt. Es besteht die Angst, dass die Exporteure aus dem Westen und aus den aufsteigenden Märkten, die große Vertriebe in China aufgebaut haben, leiden werden, wie auch deren Zulieferer. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die Realität mittel- oder langfristig gesehen genau gegenteilig aussieht, weil chinesische Verbraucher noch mehr Gelegenheit bekommen werden, selbst zu wählen, welche internationalen oder inländischen Waren sie kaufen. Das gilt im Großen und Ganzen auch für Energie, industrielle Produkte und Agrarrohstoffe. Im Klartext heißt das, dass die Chinesen weiterhin Importe tätigen werden müssen.

Außerdem ist es so, dass die Zinssätze in den meisten westlichen Ländern fast auf Null gefallen sind. Das ist für diejenigen, die sich Geld leihen, wunderbar und sie werden so viel billiges Geld leihen wie nur möglich; doch vergessen sie dabei, dass solch hohe Schulden schwer zurückzuzahlen sind, wenn die Zinssätze wieder steigen.

Die US-Notenbank hat verlauten lassen, dass sie die Zinssätze im September 2015 wieder ein klein wenig anheben will – unter dem Vorbehalt, dass es keine zu Verzögerungen führenden Katastrophen gibt. Das Augenmerk lag zunächst auf den US-amerikanischen Arbeitsmärkten, aber diese scheinen stabil genug zu sein. Die Frage ist nun, ob die Unruhe in den internationalen Aktienmärkten eine Verzögerung zur Folge haben könnte. Der Erfahrung nach nicht, aber das Ruder befindet sich in neuer Hand.

Die Aufmerksamkeit gilt nicht länger Griechenland, was schade ist, weil dort noch nichts geregelt ist und noch viel schiefgehen kann. Die Tsipras-Regierung hat abgedankt und zu Neuwahlen aufgerufen in dem Versuch, mehr Unterstützung im griechischen Parlament zu bekommen. Dreißig Parlamentsmitglieder des linken Flügels verließen prompt die Partei, um ihre eigene separate Bewegung zu bilden. Wozu das schlussendlich führt, steht in den Sternen. Ich bin noch immer der Meinung, dass Griechenland versuchen wird, eine Reduzierung seiner schrecklich hohen Schulden zu erreichen, indem es den Euro aufgibt und eine Reduzierung der Schulden fordert (durch einen Schuldenschnitt von 50 % oder mehr). Das ist reine Spekulation, aber ein anderer Ausweg ist schwer vorstellbar.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in die großen Aktienmärkte zu investieren, während die Kurse so künstlich niedrig gehalten werden. Vielleicht widerstrebt einem diese Aktion, sie ist aber nicht zwangsläufig über Gebühr riskant.

Die vergangene Leistung ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.

Für Matz-Townsend Finanzplanung steht John Townsend Kunden bei der Planung ihrer Investmentportfolios beratend zur Seite. Er ist ein Fellow (FCSI) des Chartered Institute of Securities and Investment in London (Townsend@insure-invest.de).

Aus dem Englischen von Magdalena Mandl

Anlagemeinungen- Oktober 2013

John Townsend’s Anlagemeinungen – Oktober 2013

Der Grund, warum es uns solches Vergnügen bereitet, andere Leute zu enträtseln, ist der, daß dadurch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von dem unsrigen abgelenkt wird. – Oscar Wilde 1854-1900, britischer Dramatiker und Dichter

Letzten Monat sorgte die Tatsache, dass die amerikanische NSA elektronische Kommunikation anderer Länder untereinander aufzeichnet, für viel Aufregung. Selbst diejenigen, die sich selbst zu den Freunden der Amerikaner zählen, blieben davon nicht verschont.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass diese Beschwerden nichts als Heuchelei sind. Jedes Land muss wissen, was die Staatsoberhäupter – und somit Entscheider – anderer Länder denken. Früher wurden solche Informationen mithilfe von Gesprächen gesammelt, die Diplomaten mit Einzelpersonen innerhalb der Regierung und Branche oder mit ihren Pendants innerhalb der ausländischen Abteilungen führten. Die Budgetkürzungen, die die CIA unter Clinton hinnehmen musste, führten zu einer Verschiebung des Schwerpunkts bei der Informationsbeschaffung hin zur elektronischen Informationsbeschaffung und weg von Human Intelligence („HUMINT“), die Gewinnung von geheimen Informationen mit menschlichen Quellen), was folglich die Interpretation der gesammelten Informationen erschwerte. Die elektronische Datensammlung, einmal begonnen, wurde raffinierter und weitläufiger, so dass sich heute jeder Spitzenpolitiker und erfolgreiche Unternehmer genau überlegen muss, wie er kommuniziert. Sehr problematisch ist, ob die Wissenschaftler, die diese elektronischen Abhörsysteme entwickeln und einsetzen, ihrerseits in irgendeiner Form überwacht werden.

Man mag vorsichtig sein, wenn es darum geht, von den Russen oder den Chinesen abgehört zu werden, aber wenige Menschen geben zu, Bedenken hinsichtlich der Informationssammlung seitens Amerika in den Bereichen Militär, Politik, Wirtschaft oder Industrie zu haben, besonders da die Briten und Franzosen so bewandert darin sind, genau dasselbe zu tun. Das elfte Gebot „Du sollst dich nicht erwischen lassen“ kommt einem in den Sinn. Die meisten europäischen Länder, und auch diejenigen außerhalb Europas, sammeln Informationen über ihre Verbündeten und Konkurrenten und sehr häufig teilen sie diese miteinander, entweder innerhalb ihrer jeweiligen Branche oder möglicherweise sogar mit Nord- und Südamerika.

In der Eurozone erholt sich die Wirtschaft nur qualvoll langsam und schwankend, besonders in den südlichen Ländern. In Deutschland schreitet die Wirtschaft von einer starken Entwicklung zur nächsten und es ist offensichtlich, dass die Polarisierung innerhalb Europas immer schlechter zu verbergen ist. Niedrige Zinssätze und ein schwacher Euro helfen dem deutschen Exportgeschäft außerhalb der Eurozone, sogar wenn die Exporte in die konjunkturschwachen Mittelmeerländer zurückgehen sollten.

Die Europäische Kommission prognostiziert nach zwei Jahren des Rückgangs in Europa für 2014 Wachstum. Aber die Zahlen sind schwach. Bedenken Sie, dass diese Prognose für Europa als Ganzes gilt. Das deutsche Wachstum wird stärker sein als der Durchschnitt, aber das bedeutet gleichzeitig, dass andere Länder unweigerlich darunter fallen werden.

Es gibt auch ein paar trübe Prognosen für den Arbeitsmarkt, und zwar dass die durchschnittliche Arbeitslosenquote 2014 ungefähr auf dem gleichen Stand sein wird wie jetzt (ca. 12 %). Diese Arbeitslosenvorhersagen – sollten sie sich als wahr erweisen (und das ist reine Spekulation) – zeigen in ein paar Krisenländern etwas Verbesserung, besonders Griechenland, Irland und Spanien. Allerdings werden die Arbeitslosenzahlen hoch bleiben und es gibt wenig oder gar keine positiven Prognosen im Hinblick auf Italien oder Frankreich.

In China wird die Kommunistische Partei Mitte November ihr drittes Plenum des 18. Zentralkomitees abhalten. Dritte Plenen zogen in der Vergangenheit immer große politische Veränderungen nach sich. In diesem Fall ist es wahrscheinlich, dass die chinesische Führung weitreichende Reformen vorschlagen wird, die auf dem „Plan 383“ basieren, der vor einiger Zeit von der Regierung verbreitet wurde und eine Reform der chinesischen Wirtschaft bis 2020 vorsieht. In einem kürzlichen „Data Flash“ gab die Deutsche Bank an, dass China seine Investmentbeschränkungen für private Anleger in Schlüsselbranchen lockern wird. China wird sich außerdem noch offener zeigen, indem es ausländischen Anlegern Zugang zu den meisten Dienstleistungsbranchen gewährt. Zusätzlich werden die staatlichen Unternehmen und Gemeinden direkten Zugriff auf die Aktien- und Anleihemärkte haben. Die Wirtschaft hat bereits begonnen, sich von einer Wirtschaft, die durch Investitionen in die Infrastruktur angetrieben wird, zu einer Wirtschaft, die von der Verbrauchernachfrage angetrieben wird, zu wandeln. Die Zukunftsaussichten dafür sind trotz der momentanen Schwäche viel besser – und das Zentralkomitee wird diese Entwicklung wohl unterstützen. Auf der anderen Seite ist es wahrscheinlich, dass viel mehr Privatbanken auf den Zug aufspringen werden, um die Gunst der Stunde zu nutzen. Corporate Governance hat in China noch nicht das Niveau erreicht, das man in anderen Ländern erhoffen oder erwarten würde, und diese Banken könnten leicht zu einer großen Verlustquelle werden. Daher sollte man sie tunlichst meiden.

In den Vereinigten Staaten von Amerika führen die Profit-Kundgebungen vieler großer Unternehmen zu positiven Überraschungen für Investoren. Folglich sind die Aktienpreise auf dem Markt insgesamt stark angestiegen. Aber nicht jedes Unternehmen kann mit höheren Gewinnen aufwarten; tatsächlich bleiben ein paar vollends auf der Strecke. Daher ist es weise, mit erfahrenen Fondsmanagern, die auf die Unterstützung kompetenter Forschungsabteilungen zählen können, zusammenzuarbeiten, um in die Unternehmen zu investieren, die das größte Gewinnpotenzial haben.

Der US-Aktienmarkt ist in den vergangenen 4 Jahren deutlich gewachsen, weshalb manche Kommentatoren zu bedenken geben, dass das Ende der Fahnenstange bald erreicht sein muss. In Wirklichkeit gibt es auf dem Markt durchaus noch Wachstumspotenzial, da die Profitabilität und das Wachstum von Unternehmen, kombiniert mit stark reduziertem Verschuldungsgrad und Inventar, zu höheren Aktienpreisen führt.

Viele konservative Investoren, sowohl institutionelle als auch private, sind der Meinung, dass ihr Geld als Einlage bei ihren Banken sicher ist. In Wirklichkeit aber schmelzen ihre Investitionen, da die Erlöse aus Regierungsschulden unter den Inflationssatz fallen. Die Frage ist nun, was, wenn keine Regierungsanleihen? Auf dem Markt mit festverzinslichen Papieren haben Unternehmensschulden von Unternehmen mit hohen Kreditratings so an Beliebtheit gewonnen, dass ihre Erträge ganz nah an das Niveau ihrer eigenen Regierungen herankommen. Hoch eingestufte Schwellenländer-Anleihen, obwohl keine Schulden in Lokalwährung, bringen höhere Erträge, gleichwohl es dort ein immerwährendes Kredit- und tatsächlich Marktrisiko gibt, wo es sich für Investoren schwierig gestalten könnte, die Wertpapiere bei umgekehrten Marktbedingungen zu verkaufen. Die besten Erträge erzielt man noch immer mit qualitativ guten Unternehmensaktien, während Gold, Kunst und Immobilien zu spekulativ, momentan sehr teuer und möglicherweise illiquide sind.

Sich wandelnde Märkte erfordern einen Wandel der traditionellen Denkweise und Investmentphilosophie. Die Investmententscheidungen, die getroffen werden, wenn man sich für eine Investition in Unternehmensaktien entscheidet, sind im Prinzip dieselben, wie wenn man in die Unternehmensschulden der gleichen Firma investiert. Allerdings sind die Erträge höher und ein Fondsmanager, der sein Handwerk versteht, kann die Erträge maximieren und gleichzeitig das Risiko minimieren.

Die Zeiten ändern sich, und damit auch die Methoden. Strategien, die früher funktionierten, führen jetzt möglicherweise zu Verlusten und das wird sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern.

Die vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Profitabilität.
John Townsend steht Kunden von Matz-Townsend Finanzplanung bei der Investment-Portfolio-Planung beratend zur Seite.
Er ist Fellow des Chartered Institute for Securities and Investment in London.
(Townsend@insure-invest.de)
Aus dem Englischen von Magdalena Adam